Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen

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Figurenfragmente aus Kloster Marienhausen (Marienhausen, Zisterzienserinnenkloster)

Marienhausen, Zisterzienserinnenkloster[Unbekanntes Fenster]
Basisdaten | Katalog | Indizes | Abbildungen
Basisdaten
ID:

316-1-01-01

Band:

III/3

Katalog Seite(n):

325 f.

Nr.:

1

Titel:

Figurenfragmente aus Kloster Marienhausen (Marienhausen, Zisterzienserinnenkloster)

Standort heute:

Limburg, Diözesanmuseum

Anmerkung:

Pasticcio aus Stücken unterschiedlicher Herkunft zusammengesetzt. Rumpf: Mittelrhein (Mainz?), um 1220; Kopfstück: Köln, um 1435.

H. 56,5 cm, B. 30 cm. – Inv. Nr. 98. (Schenk zu Schweinsberg 1962, Nr. 326).

Zur Frage des ursprünglichen Standorts: Das Figurenfragment befand sich bis 1887 in der Sammlung des Freiherrn von Zwier-lein in Geisenheim. Da Hans Carl Freiherr von Zwierlein das 1803 aufgehobene Zisterzienserinnenkloster Marienhausen bei Aulhausen, unweit von Mainz, erworben hatte und »Husen« die urkundlich gesicherte Bezeichnung für den Ort Aulhausen im 13. Jahrhundert war, dürfte die Scheibe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus der 1219 geweihten Klos-terkirche stammen7. Mit dem allgemeinen Hinweis auf die Bilderfeindlichkeit der Zisterzienser ist eine solche Lokalisierung jedoch zuletzt abgelehnt worden, zu Unrecht, wenn man bedenkt, dass der Frauenkonvent nicht inkorporiert und daher auch den strengen Ordenregeln nicht unterworfen war8.

Breite:

30.00 cm

Höhe:

56.50 cm

Datierung:

um 1435

Zuordnung:

Marienhausen, Zisterzienserinnenkloster » [Unbekanntes Fenster]

Katalog

Inschrift

Auf dem Kirchenmodell in Kapitalis: •HVS / EN•

Erhaltung, Technik

Die Konturen stellenweise berieben, einzelne Falten offenbar im 19. Jahrhundert nachgezogen. Auf sämtlichen Gläsern des älteren Kernbestands befindet sich

Ikonographie

Der Rumpf der Figur besteht offenbar aus mehreren verschiedenfarbigen (weißen, roten, gelborangen) Figurenteilen, doch dürften Kirchenmodell und das rote Gewand mit abgewinkeltem Arm zusammengehören. Grundsätzlich lassen sich zwei Möglichkeiten zur Identifikation benennen: 1.) Es könnte sich hier um die Darstellung des Klosterfundators handeln. Neben Konrad von Rüdesheim wird in der Forschung auch der Mainzer Erzischof Konrad I. als möglicher Stifter für Marienhausen vorgeschlagen10. Doch entspricht der Gewandtyp weder einem Bischofsornat noch weltlicher Kleidung. Auch finden sich Bildbeispiele von Selbstrepräsentation erst im ausgehenden 13. Jahrhundert häufiger. 2.) Mehr Wahrscheinlichkeit hat daher der Vorschlag für sich, in der Figur Maria, die Titelheilige des Klosters, zu sehen. Die Verbindung von Kirchenmodell mit dem Patronatsheiligen begegnet immer wieder, so etwa auch innerhalb des Bearbeitungsgebietes in einer Darstellung der Hl. Katharina in der ihr geweihten Klosterkirche zu Berich aus dem frühen 14. Jahrhundert.

Stil, Datierung

a) Das Figurenfragment wurde von Hess mit den beiden Christusscheiben im Museum Wiesbaden in Zusammenhang gebracht, vor allem im Hinblick auf die verwandten architektonischen Details11. Doch gehören gerade Bildelemente wie Dach und Kuppel zum allgemeinen Formenkanon der Zeit und können daher nicht als Argumente für künstlerische Wechselbeziehungen herangezogen werden. Gegenüber den spröderen Gewandfalten in Wiesbaden zeigt die Figur aus Marienhausen im Gegenteil eine feinlinigere und weichfließende Faltenmotivik, was entwicklungsgeschichtlich auf eine spätere Entstehung hindeutet. Eine Herkunft aus dem nur wenige Kilometer entfernten Mainz läge nahe. b) Kopf (Schleier und Hermelinansatz lassen sich vielleicht mit der Hl. Gertrudis verbinden) und Hand dürften einer kölnischen Arbeit des Weichen Stils entnommen worden sein. Das Gesicht setzt sich aus wenigen, äußerst fein gezogenen Hauptkonturen und einer beidseitig aufgetragenen Halbtonmodellierung zusammen, die dem Inkarnat sein samtiges Erscheinungsbild gibt. Auf Burg Rheinstein hat sich eine Gruppe von fünf Feldern erhalten, die dem Marienhauser Fragment stilistisch sehr nahe steht (Fig. 403). Hierzu zählt auch das im letzten Krieg zerstörte Figurenpaar der Hll. Margarete und Georg in einem Architekturtabernakel aus dem Berliner Kunstgewerbemuseum12. Die nächstverwandten Glasmalereien befinden sich im nördlichen Querschiff des Kölner Doms. Das Gnadenstuhlfenster stammt aus der 1435 geweihten, 1808 abgebrochenen Augustinerchorherrenkirche Herrnleichnam13. Dazu gehören weiter die Kopffragmente zweier Heiliger im Museum Schnütgen in Köln sowie eine Strahlenkranzmadonna, heute in New York, The Metropolitan Museum of Art14. Die hier genannten Glasmalereien müssen der gleichen Werkstatt zugeschrieben werden und stammen vielleicht sämtlich aus der Herrnleichnamskirche15. Da Prinz Friedrich von Preußen und Hans Carl von Zwierlein beim Aufbau ihrer Sammlungen auf Burg Rheinstein und in Geisenheim auf die gleichen Kölner Handelspartner zurückgriffen, läge eine gemeinsame Provenienz dieser Scheibengruppe nahe16.

Bildnachweis:

CVMA G 8915, Detail G 8916, Großdia G 91/99

Indizes
Iconclass:

11F26 = sonstige Darstellungsformen von Maria (allein)

Sachbegriffe:

Inschriften · Kirchen · Gewänder · Nimben · Hände · Kopfbedeckungen

Personen:

Maria <vonNazareth>

Abbildungen

Bildnachweise

  1. Figurenfragmente aus Kloster Marienhausen. Limburg an der Lahn, Diözesanmuseum, Nr. 1. – CVMA Band III/3, S. 325 Fig. 404.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Gerhard Gräf)
  2. Maria einer Verkündigung (Ausschnitt). Burg Rheinstein. Köln, um 1435 – CVMA Band III/3, S. 325 Fig. 403.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Dietrich Rentsch)
  3. Figurenfragmente aus Kloster Marienhausen: ES [= Erhaltungsschema] Nr. 1 – CVMA Band III/3, S. 325 Fig. 402.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Rainer Wohlrabe)
Empfohlene Zitierweise
„Figurenfragmente aus Kloster Marienhausen (Marienhausen, Zisterzienserinnenkloster)“, in: CVMA Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/cvmahessen/id/316-1-01-01> (aufgerufen am 03.05.2024)