Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen

  • Vorschaubild
  • Vorschaubild
  • Vorschaubild

Pasticcio mit Hochmeister-Wappen aus der Pfarrkirche in Eschau (Kr. Miltenberg) (Erbach · Schloss)

Erbach · Schloss (Lage anzeigen) → [Unbekanntes Fenster]
Basisdaten | Katalog | Indizes | Abbildungen
Basisdaten
ID:

105-1-10-01

Band:

III/1

Katalog Seite(n):

135 f.

Nr.:

47

Titel:

Pasticcio mit Hochmeister-Wappen aus der Pfarrkirche in Eschau (Kr. Miltenberg) (Erbach · Schloss)

Anmerkung:

Pasticcio, H. max. 36,5 cm, B. max. 34 cm. – Rittersaal, Fenster VII, 4b. Zuvor in Fenster VI.

Nach Mitteilung Graf Franz’ I. zu Erbach-Erbach aus dem alten Chor der Kirche zu Eschau (s. Reg. Nr. 16, pag. 387, Anm. a).

Breite:

34.00 cm

Höhe:

36.50 cm

Datierung:

2. Viertel 14. Jahrhundert?

Zuordnung:

Erbach · Schloss » [Unbekanntes Fenster]

Katalog

Zur Frage der Herkunft

Als Besitz der Grafen von Rieneck war Eschau mit dem Ableben Philipps III. († 1559) – des letzten Vertreters des Hauses – 1561 den Grafen zu Erbach-Schönberg zugeschlagen worden, um von diesen im Jahr 1747 in Erbach-Erbach’schen Besitz überzugehen102; so war es für Graf Franz I. zu Beginn des 19. Jh. ein Leichtes, aus der Pfarrkirche des Ortes die Scheibe mit dem Hochmeister-Wappen für seine Sammlung zu erhalten. | Ungeachtet der Frage, in welchem Zustand dieses Hochmeister-Wappen nach Erbach gelangt ist – ob noch in originaler Form oder bereits als Pasticcio aus Stücken des 14. und 15. Jh. –, kann die Eschauer Pfarrkirche, deren Chor und Sakristei 1476 durch die Grafen von Rieneck und die Pfalzgrafen bei Rhein neu errichtet wurden103, nicht sein ursprünglicher Standort gewesen sein, da es im Mittelalter keine Verbindung Eschaus zum Deutschen Orden gab. Stattdessen befand sich im nahe gelegenen Stadtprozelten bis zum Jahr 1483/84 eine Deutschordenskommende (Burgruine Prozelten)104, sodass eine Herkunft der Scheibe bzw. der Scheibenreste aus Stadtprozelten, und hier am ehesten aus der ehem. Spitalkirche, am wahrscheinlichsten ist. Von dort muss die Scheibe vor 1805 nach Eschau gelangt sein. | [Erhaltung] Die Scheibe ist aus Stücken dreier verschiedener Glasmalereien zusammengesetzt: aus einer in der Komposition eigenwilligen, im Randbereich offenbar beschnittenen, ansonsten aber intakt überlieferten Rundscheibe mit einem Hochmeister-Wappen im Zentrum und einem Band aus Weinlaubblättern, die aus einer Ornamentverglasung stammen müssen und zwischen denen Stücke eines blauen, marmorierten Grundes aus anderem Kontext erscheinen. Drei Stücke der Wappenrundscheibe sind ergänzt, deren blaue Passlappen und Zwickelstücke rückseitig flächig korrodiert. Einige wenige Sprünge. Im Zuge der Neuverbleiung im 19. Jh. wurde die Komposition leicht deformiert; zwei bernsteingelbe Stücke sind seitenverkehrt eingesetzt worden.

Ikonografie, Komposition, Ornament, Farbigkeit

Im Zentrum das Wappen der Hochmeister des Deutschen Ordens: In Silber ein schwarzes durchgehendes Kreuz, belegt mit einem goldenen Lilienkreuz, dieses belegt mit einem Herzschild, der in Gold einen schwarzen Reichsadler zeigt105. Der Wappenschild wird von blauen, mit Blattranken besetzten, abwechselnd halbkreisförmigen und dreieckigen Stücken eingefasst, sodass der Eindruck entsteht, er liege auf einem – unregelmäßig geformten – Dreipass, den ein gleichseitiges Dreieck durchdringt; in den Zwickeln vermitteln Stücke einer bernsteingelben, dem Kontur des Dreipasses folgenden architektonischen Einfassung zum Rand, der ursprünglich mit einer umlaufenden Inschrift versehen gewesen sein könnte.

Technik, Stil, Datierung

Das mit einer Schablone aufgetragene Weinlaub des rahmenden Blattkranzes ist älter als das Wappen im Zentrum. In Form und Zeichnung steht es nicht zuletzt jenen Ornamentscheiben nahe, die im Chorfenster I der ehem. Spital- und heutigen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Stadtprozelten erhalten sind (6–8a/b, 1AB; Fig. 68), was die oben angestellten Überlegungen zur Herkunft der vorliegenden Scheibe bzw. Scheibenreste bekräftigt. Der Stadtprozeltener Bau und seine im Achsenfenster partiell erhaltene ursprüngliche Farbverglasung dürften im zweiten Viertel des 14. Jh. entstanden sein106. | Das Hochmeister-Wappen wurde von Graf Franz I. mit Ludwig von Erlichshausen in Verbindung gebracht (s. Reg. Nr. 16, pag. 386f., Nr. 7 mit Anm.), der 31. Hochmeister des Deutschen Ordens gewesen ist (1450–1467)107. Die Identifizierung beruhte jedoch auf dem Irrtum, dass Eschau als ursprünglicher Standort der Scheibe anzusehen und die Jahreszahl 1476 über der Türe zur Sakristei der Pfarrkirche »1456« zu lesen sei. Dem Grafen war dabei durchaus rätselhaft, was dieser Hochmeister […] für einen Einfluß in die Pfarrey gehabt haben könne. Erwägt man demgegenüber eine Lokalisierung des Hochmeister-Wappens nach Stadtprozelten, so ist daraus auf eine Entstehung vor 1483 zu schließen, d.h. bevor Burg und Stadt Prozelten an Mainz übergingen.

Bildnachweis:

CVMA G 8942

Indizes
Iconclass:

11P3162 = Ritterorden, z.B. die Templer, Malteser, der Deutsche Orden (als Teil der römisch-katholischen Kirche) · 46A122 = Wappenschild, heraldisches Symbol

Sachbegriffe:

Adler · Deutscher Orden · Herzschilde · Lilien · Wappen · Weinlaub · Pasticcios · Tiere · Ornamente

Abbildungen

Bildnachweise

  1. Pasticcio mit Hochmeister-Wappen aus der Pfarrkirche in Eschau (Kr. Miltenberg). Erbach, Schloss, Nr. 47 – CVMA Band III/1, S. 537 Abb. 36.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Gerhard Gräf)
  2. Pasticcio mit Hochmeister-Wappen aus der Pfarrkirche in Eschau (Kr. Miltenberg): ES [= Erhaltungsschema] Nr. 47 – CVMA Band III/1, S. 135 Fig. 67.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Rainer Wohlrabe)
  3. Ornamentfeld. Stadtprozelten, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt, Chor I, 6b. – CVMA Band III/1, S. 136 Fig. 68.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Rainer Wohlrabe)

[Unbekanntes Fenster]: weitere Scheiben

Empfohlene Zitierweise
„Pasticcio mit Hochmeister-Wappen aus der Pfarrkirche in Eschau (Kr. Miltenberg) (Erbach · Schloss)“, in: CVMA Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/cvmahessen/id/105-1-10-01> (aufgerufen am 20.05.2024)