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Hessischer Städteatlas

Fulda – Franz Wilhelm ARND: Risse von den Stadttoren zu Fulda / Frankfurter Thor

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Franz Wilhelm ARND: Risse von den Stadttoren zu Fulda / Frankfurter Thor

Franz Wilhelm Arnd: Risse von den Stadttoren zu Fulda, um 1820 (lavierte Federzeichnungen, verkleinerte Ausschnitte, HStAM, Best. Karten Nr. A III 187).

Franz Wilhelm Arnd (1755–1836) war der Sohn von Carl Philipp Arnd (1723-1797), der sich, aus Koblenz stammend, vom Schreiner zum fürstlichen Bau- und Chausseeinspektor hochgearbeitet hatte (Stasch, Architektur, S. 660). Er war u. a. der Architekt der Bibliothek. Franz Wilhelm ging zunächst bei seinem Vater in die Lehre. Anschließend führte ihn seine vierjährige Gesellenwanderung ab 1775 nach Straßburg, Paris und Rom. Nach seiner Rückkehr arbeitete er wieder im väterlichen Betrieb und heiratete 1786 die Tochter eines Gastwirts an der Tränke. Nach dem Tod seines Vaters wurde er zu dessen Nachfolger als Bau- und Chausseeinspektor ernannt. Zum Zeitpunkt der oranisch-nassauischen Regierungsübernahme im Jahre 1802 war er gerade mit dem Neubau der Kirche in Kämmerzell beschäftigt. Er blieb im Dienst Wilhelm Friedrichs von Oranien ebenso wie von dessen Nachfolger, Fürstprimas von Dalberg, der ihn aber dem 1804 nach Fulda berufenen Hofarchitekten Clemens Wenzeslaus Coudray (1775–1845) unterstellte. Auf dessen Gutachten hin wurden die Häuser in der Wilhelmsstraße, die sich bereits unter der Leitung von Arnd und dem Architekten Joh. Michael Chr. Gustav Vorherr (1778–1848) im Bau befanden, in noch strengerer klassizistischer Architektur zu Ende gebaut (Bothe, Coudray, S. 158 f.). Nach Coudrays Weggang nach Weimar im Jahre 1816 blieb Arnd in Fulda, wurde in die kurhessischen Dienste übernommen und war mit der Aufnahme und Planung unterschiedlicher öffentlicher Bauten beschäftigt. In diesem Zusammenhang entstanden auch die aquarellierten Federzeichnungen von sieben Stadttoren in Fulda. Da das 1818 abgerissene Kohlhäuser bzw. Frankfurter Tor ebenso wie das 1823 entfernte Peterstor bereits als zeitgemäße Chausseetore dargestellt sind, dürften diese Zeichnungen auch zwischen diesen Jahren entstanden sein. Alle Zeichnungen sind mit W. Arnd Bauinspector signiert.
Bei der Aufnahme des Frankfurter Thores (Kohlhäuser Tor) handelt es sich um den aufwendigsten Neubau. Auf die Grundmauern des abgebrochenen Torturmes wurden zwei Torpavillons gesetzt. Diente das stadteinwärts gesehen rechte Gebäude lediglich der Herstellung der Symmetrie, befanden sich in dem linken laut der feinen Bleistifteintragungen im oberen Stockwerke / [die] Wohnung des Nacht / wächters und städti / schen Schröders [Bier- und Weintransporteur] sowie im Erdgeschoss jene des Thorwarts. Im kleinen Maßstab wurde damit in klassizistischer Formensprache eine streng symmetrische repräsentative Torsituation geschaffen, wie sie 1805 Heinrich Christoph Jussow in Kassel mit der Wache an der Wilhelmshöher Allee geschaffen hatte. Mit dem Ausbau der Königstraße im Laufe der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Westumgehung der Hauptstraße von Frankfurt nach Leipzig verlor die Löherstraße zwar an Bedeutung, aber die Toranlage wurde 1866 im Zuge der Straßenverbreiterung dennoch abgerissen (Kolb, Stadttore, S. 108).


Hessischer Städteatlas. IV,3: Fulda
Bearb. von Andrea Pühringer, Marburg 2019
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Gebäudeverzeichnis

Kohlhäuser Tor
Andere Bezeichnung(en):Frankfurter Tor, Löhertor, Karlstor
Trägerschaft:öffentlich
Bereich:Verkehr
Lage:bei Karlstraße 37
Maße / Bauart:Haupttor mit Torturm, Vortor jenseits des Stadtgrabens
Erbauung:1150-1165; 1503 (Torturm)
Erwähnung:1356
Neubau:1823
Abriss:1818; 1866
Nachweise:Griesbach-Maisant, Denkmaltopographie, S. 52, 178, 187, 259;
Jestaedt, Anlage B;
Ders., Kataster 1, S. VII, 124, Nr. 540;
Kolb, Stadttore, S. 96;
Sonderblatt 1, 5;
Sturm, Bau- und Kunstdenkmale, S. 621, 624, 651