Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe
Erster Katalog des Versandhauses Neckermann verschickt, 25. April 1950
Mit rund 100.000 Verbraucheradressen und einem am Frankfurter Ostbahnhof gelegenen Firmengebäude im Rücken, verschickt das in Frankfurt am Main ansässige Versandunternehmen Neckermann seinen ersten Katalog. Das zwölfseitiges Heft mit dem Titel „Preisliste 119“ enthält 133 Textilartikel und erscheint in einer Auflage von 100.000 Stück. Die Nummer 119 trägt der Katalog, um eine lange Versandhaustradition vorzutäuschen und schnell das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Die Neckermann Versand KG (zuvor: „Textilgesellschaft Neckermann KG“) war am vorangegangenen 1. April 1950 gegründet worden; ihr einziger Gesellschafter ist der Unternehmer Josef Neckermann (1912–1992). Nun startet das Unternehmen mit 107 Angestellten und einem Anfangskapital von 450.000 DM.
Ein Arisierungsgewinner kehrt zurück in das Fernabsatzgeschäft
Der bereits vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs (unter starker Ausnutzung der staatlichen Arisierungspolitik) erfolgreich im Versandhandel mit Textilwaren tätige Josef Neckermann war im September 1948 mit der Gründung eines als „Textilgesellschaft Neckermann KG“ bezeichneten Unternehmens mit Sitz in der Mainzer Landstraße in das Fernabsatz-Geschäft zurückgekehrt. Aufgrund der für alle im Dritten Reich durch „Arisierung“ übernommenen Betriebe verhängten Sanktionen war Josef Neckermann dabei zunächst nicht selbst in Erscheinung getreten (im Zuge der Entnazifizierung war Neckermann im Mai 1948 als „Mitläufer“ des NS-Regimes eingestuft worden und zahlte nur eine vergleichsweise geringe Geldstrafe), sondern hatte die zu Anfang über zwei Büroetagen und einer Textilgroßhandlung verfügende Firma auf den Namen seiner Frau Annemarie (1915–1989) in das Handelsregister eintragen lassen. Nach einem im Sommer 1948 aus familiären Gründen vorgenommenen Ortswechsel von München nach Frankfurt sollten von hier aus Verbindungen zu Bezugsquellen für Handelswaren und eine logistische Organisation aufgebaut sowie Adressen für das Kundengeschäft und den Katalogversand beschafft werden.
(KU)
- Belege
- Michael Brückner/Andrea Przyklenk, Lost Brands – vom Aufstieg und Niedergang starker Marken: Warum „too big to fail“ nicht einmal für Traditionsmarken gilt, Wiesbaden 2013, S. 17
- Eckhart G. Franz (Hrsg.), Die Chronik Hessens, Dortmund 1991, S. 420
- Thomas Veszelits, Die Neckermanns. Licht und Schatten einer deutschen Unternehmerfamilie, Frankfurt am Main u.a. 2005, S. 243
- Weiterführende Informationen
- Wikipedia: Neckermann (Versandhandel) (eingesehen am 25.4.2019)
- Wikipedia: Josef Neckermann (eingesehen am 25.4.2017)
- Wikipedia: Versandhandel (eingesehen am 25.4.2020)
- Hebis-Schlagwort
- Neckermann
Neckermann-Versand AG Geschichte 1890-1976 - Empfohlene Zitierweise
- „Erster Katalog des Versandhauses Neckermann verschickt, 25. April 1950“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/971> (Stand: 26.11.2022)