Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe
Mit der Ankunft der deutschen Finanzsachverständigen beginnen in Rothwesten die Vorbereitungen zur Durchführung der Währungsreform, 20. April 1948
In Rothwesten, einem Ortsteil von Fuldatal im Landkreis Kassel, trifft in der Nacht auf den 21. April ein Bus mit einer Gruppe von elf deutschen Finanzsachverständigen ein, die gemeinsam mit den alliierten Besatzungsmächten der Westzonen alle notwendigen Vorbereitungen zur Durchführung der Währungsreform treffen soll. Die Arbeitsgruppe nimmt am Mittwoch den 21. April ihre Arbeit auf. Für 49 Tage werden die Experten aus Banken, Wirtschaft und Verwaltung, die in der Nacht in Begleitung von einem Koch, zwei Schreibkräften, Kellnerinnen, Zimmermädchen und Friseuse auf dem schwer bewachten Areal der amerikanischen Streitkräfte in Rothwesten eintreffen, in enger Abstimmung mit den Vertretern der Alliierten die dringend erforderliche Reform der deutschen Währung auf den Weg bringen. Dazu entstehen im „Haus Posen“, einem Gebäude des nordöstlich von Rothwesten auf dem „Eichenberg“ gelegenen Fliegerhorsts, der späteren Fritz-Erler-Kaserne der Bundeswehr, vom 21. April bis 8. Juni 1948 drei Gesetze zur Neuordnung des Geldwesens, die auf der Grundlage des 1946 beschlossenen amerikanisch-deutschen Colm-Dodge-Goldsmith-Planes (Reduzierung der im Umlauf befindlichen Geldmenge im Verhältnis 10:1 Lastenausgleich) ausgearbeitet werden.
Im Oktober 1946 hatte der deutsche Wirtschaftsrat in Frankfurt am Main den Sachverständigenkreis damit beauftragt, eine Währungsreform nach Gesichtspunkten deutscher Interessen vorzubereiten. Es galt, ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten, das im März 1947 einschließlich einer ausführlichen Begründung fertiggestellt und der alliierten Militärregierung überreicht wurde. Kurz vor Beginn der Arbeitsklausur in Rothwesten werden die beteiligten deutschen Experten jedoch darüber in Kenntnis gesetzt, dass in allen wichtigen Punkten die drei Regierungen in Washington, London und Paris bereits Entscheidungen getroffen hatten. Damit standen die deutschen Sachverständigen zu Beginn der Klausur vor der Frage, aus Protest ihre Mitarbeit zu versagen oder aber – wie es der an der Rothwestener Klausur beteiligte Stadtkämmerer und Senator der Hansestadt Hamburg Walter Dudek (1890–1976) wenige Tage nach der erfolgreichen Umstellung auf die D-Mark zum Ausdruck bringt – „das Beste aus der Sache zu machen, was vom deutschen Standpunkt aus möglich war. Wir haben den letzteren Weg gewählt“.1
(KU)
- DER SPIEGEL 26/1948 26.6.1948, S. 18: Das viele, viele Geld / von Walter Dudek (Stand: 19.10.2016). ↑
- Belege
- DER SPIEGEL 26/1948, 26.6.1948, S. 18: Das viele, viele Geld / von Walter Dudek (Stand: 19.10.2016)
- Denkmaltopographie Kreis Kassel II, Stuttgart 2011, S. 210
- Alfons Kössinger, Die Währungsreform 1948 und das Konklave von Rothwesten, in: Hessischer Gebirgsbote: Zeitschrift des Hessisch-Waldeckischen Gebirgs- und Heimatvereins im Landesverband Hessen des Verbandes Deutscher Gebirgs- und Wandervereine e.V. 102 (2001), H. 2, S. 63-66.
- Erwin Hielscher, Der Leidensweg der deutschen Währungsreform. Bericht, abgeschlossen am 18. Juni 1948, München 1948.
- Hans Möller (Hrsg.), Zur Vorgeschichte der Deutschen Mark. Die Währungsreformpläne 1945-1948. Eine Dokumentation (Veröffentlichungen der List-Gesellschaft22; Studien zur Ökonomik der Gegenwart), Basel 1961.
- Weiterführende Informationen
- Wikipedia: Währungsreform 1948 (Westdeutschland) (Stand: 12.7.2012)
- Hebis-Schlagwort
- Fuldatal-Rothwesten; Fuldatal-Rothwesten, Museum Währungsreform 1948; Währungsreform
- Empfohlene Zitierweise
- „Mit der Ankunft der deutschen Finanzsachverständigen beginnen in Rothwesten die Vorbereitungen zur Durchführung der Währungsreform, 20. April 1948“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4591> (Stand: 20.4.2022)