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Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Schwindendes Weihnachtsbrauchtum in Oberhessen, 24. Dezember 1953

Die in der Oberhessischen Presse enthaltene Beilage „Hessenland – Beilage für Geschichte, Landschaft und Volkstum unserer Heimat“ berichtet unter der Überschrift „Von Julblock, Schneckenrädern und Laustagen“ über lebendiges und vergessenes Brauchtum in der Region Oberhessen.

So tritt das Christkind an Heiligabend lokal in ganz unterschiedlicher Gestalt auf, beispielsweise in Perftal und im Breidenbacher Grund, wo es tief verschleiert, auf dem Kopf eine mit bunter [sic!] behängte Haube, einen mit Kerzen, Sternen und Blumen reich bestickten Kragen und ein Kranztuch trägt (vgl. Historische Bilddokumente: Das „Christkind“ und zwei Begleiterinnen in Obereisenhausen). Andernorts, wie in Allendorf bei Gladenbach, ist es statt mit der Haube mit einem bebänderten und mit künstlichen Blumen gezierten Kranz bekleidet.
In den Dörfern der Frankenberger Gegend wurde das Christkind stets von dem „Christnickel“ oder „Klobus“, dem Nikolaus begleitet, dessen ganzes Auftreten ihn als die alte, mittwinterliche Schreckgestalt verrät, die erst in späterer Zeit mit dem gütigen heiligen Bischof Nikolaus von Myra in Verbindung gebracht wurde.

Hier fanden sich bis vor nicht allzu langer Zeit auch Bräuche des aus dem nordeuropäischen Raum tradierten Julfestes, das in germanischer Zeit in diesen Tagen der sterbenden und wieder auflebenden Sonne gefeiert wurde.

Zu diesen Traditionen zählten der noch zu Beginn des vorigen Jahrhunderts zu belegende Brauch des Anzündens des „Julblocks“ oder „Christblocks“, eines starken Buchenklotzes, dessen Asche zerstreut wurde, um so das Haus vor Feuer und Blitzesgefahr zu schützen, den Feldern aber Fruchtbarkeit und Segen zu verleihen.

Besondere Gepflogenheiten fanden sich auch in Dörfern des nördlichen Hinterlandes (einer sich um den Altkreis Biedenkopf konzentrierende historische Region in Mittelhessen). Von dort, aus den Gebieten der ehemaligen Aemter Biedenkopf und Battenberg ist der Brauch bekannt, das in der Mitternachtsstunde vom 26. zum 27. Dezember die jungen Burschen mit Lärmen und Peitschenknallen durch das Dorf zogen, um die nun beginnenden „Scherz“-, „Los“- oder „Laustage“ anzukündigen, die Tage, in denen das Licht mit der Finsternis ringt, die Zeit „zwischen den Jahren“, in der jede nicht unbedingt notwendige Arbeit, vor allem Spinnen, Waschen und Backen ruhen soll.
(KU/Niklas Göpel)

Belege
Weiterführende Informationen
Hebis-Klassifikation
704040 ,Brauchtum
Hebis-Schlagwort
Mittelhessen ; Oberhessen
Empfohlene Zitierweise
„Schwindendes Weihnachtsbrauchtum in Oberhessen, 24. Dezember 1953“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4998> (Stand: 21.8.2021)
Ereignisse im November 1953 | Dezember 1953 | Januar 1954
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