Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Magistrat der Stadt Runkel stellt sich gegen den Einbau von Sprengkammern in die mehr als 500 Jahre alte Lahnbrücke des Ortes, 5. März 1959

Der Magistrat der hessischen Kleinstadt Runkel (etwa sieben Kilometer nordöstlich von Limburg im Landkreis Limburg-Weilburg) unter der Führung von Bürgermeister Robert Bärenfänger erwirkt eine einstweilige Verfügung gegen den vom Bundesverteidigungsministerium vorgesehenen Einbau von Sprengkammern in die örtliche, 512 Jahre alte historische Lahnbrücke. Bärenfänger begründet die Verfügung damit, dass die von Pionieren der Bundeswehr vorgenommenen Arbeiten die Bausubstanz der denkmalgeschützten Brücke unwiderruflich in ihrem Kern schädigen würden.¹
Die durch den Magistrat der Stadt erwirkte Verfügung ist einer unter mehreren in den 1950er Jahren unternommenen Versuchen hessischer Kommunen, sich gegen den Einbau von Sprengschächten in lokale Bauwerke (fast immer Brücken) zu wehren (so zum Beispiel auch in Kassel, wo der Magistrat die Notwendigkeit des Einbaus von Sprengkammern in die Hafenbrücke im Stadtteil Unterneustadt als unbegründet ablehnt). Damit wird die bisher als verbindlich angenommene alleinige Zuständigkeit der Bundesregierung für Fragen der Landesverteidigung in Frage gestellt.
(KU)

1. Bereits 1954 hatte eine Baufirma aus Bebra im Auftrag der US-Streitkräfte versucht, Sprengkammern in die Brücke zu treiben, war damit aber zunächst am Widerstand der Runkeler gescheitert. Bürgermeister Bärenfänger hatte bereits zum damaligen Zeitpunkt eine gegen die Bauarbeiten an der Brücke gerichtete Einstweilige Verfügung des örtlichen Amtsgerichts eingebracht, über die sich die Amerikaner – nach erfolgter, ergebnisloser Aussprache der Runkeler mit einem Vertreter des US-Militärs und Regierungspräsident Heinrich Noelle (1891–1964; CDU) im Juli 1954 – schließlich hinwegsetzten. Vgl. DIE ZEIT 30/1954, 29.7.1954, S. 7. ↑