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Eröffnung des neuen Truppenübungsplatzes Wildflecken an der hessen-nassauisch-bayerischen Grenze in der Hohen Rhön, 8. November 1938

Der neu errichtete Truppenübungsplatz Wildflecken in der Hohen Rhön am südöstlichen Rand der Provinz Hessen-Nassau wird durch die Auslösung des ersten Schusses beim Übungsschießen der II. Abteilung des Artillerie-Regiments 51 durch den kommandierenden General des IX. Armeekorps der Wehrmacht, General der Artillerie Friedrich Dollmann (1882–1944) seiner Bestimmung übergeben.
Der Truppenübungsplatz erstreckt sich über eine Gesamtfläche von etwa 7.400 Hektar zwischen Gersfeld im Norden und den zum Landkreis Bad Kissingen (Unterfranken in Bayern) gehörenden Gemeinden Bad Brückenau im Süden, Motten im Westen und Wildflecken im Osten. Seine maximale Ausdehnung in West-Ost-Richtung beträgt ca. elf Kilometer, in nord-südlicher Richtung etwa zwölf Kilometer. Federführend bei der Planung der Anlage war das Wehrkreiskommando VII in München. Der direkt an der Landesgrenze zu Bayern, und nur zu gut einem Sechstel (etwa 1.200 Hektar) auf dem Gebiet Hessen-Nassaus liegende Truppenübungsplatz war seit Mitte der 1930er Jahre als Einrichtung für das IX. Armeekorps der Wehrmacht geplant worden. Im Hintergrund stand die Notwendigkeit, neue Übungsgelände für die seit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht am 1. Oktober 1935 in Gang gesetzte Vervielfachung der Stärke der bisherigen Reichswehr (von 100.000 auf 550.000 Mann bis 1939) zu schaffen. Das Truppenlager des Übungsplatzes Wildflecken bietet Platz für bis zu 9.000 Soldaten und 1.500 Pferde. Ergänzt werden die Kasernenanlagen durch ein Verpflegungsdepot und eine Munitionsanstalt (Muna). Der Erwerb des Geländes erfolgte durch die eigens zur Landbeschaffung und Entschädigung für Zwecke der Wehrmacht gegründete „Reichsumsiedlungsgesellschaft mbH“ (Ruges) in Berlin. Rechtliche Grundlage war das „Gesetz über die Landbeschaffung für Zwecke der Wehrmacht vom 29. März 1935“ (Reichsgesetzblatt 1935, I, S. 467 ff.), das für den Fall einer Nichteinigung mit dem Grundstücksbesitzer eine Enteignung durch die Reichsstelle für Landbeschaffung im Reichswehrministerium vorsah (§2, Abs. 2).

Insgesamt lagen sieben Ortschaften auf dem Gebiet des geplanten Truppenübungsplatzes sowie verschiedene Weiler und Einzelgehöfte die im Zuge der Errichtung des Platzes bis Mai 1938 umgesiedelt wurden – davon die Gemeinden Dalherda und Kippelbach auf dem Gebiet der preußischen Provinz Hessen-Nassau, weitere fünf Ortschaften in Mainfranken (Bayern)1 sowie weitere Weiler, Einzelhöfe und Mühlen beiderseits der Landesgrenzen. Etwa 2.500 Umsiedler erhielten als Entschädigung Gebäude und Ländereien in der näheren Umgebung, aber auch weiter entfernt bei Frankfurt und Offenbach am Main, Seßlach und Deggendorf.
(KU)


  1. Altglashütten, Neuglashütten, Rothenrain, Werberg und Reußendorf.
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Eröffnung des neuen Truppenübungsplatzes Wildflecken an der hessen-nassauisch-bayerischen Grenze in der Hohen Rhön, 8. November 1938“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4645> (Stand: 8.11.2020)
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