Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe
Schwerer Bombenangriff auf Gießen, 6. Dezember 1944
Ein Bombenangriff der britischen Luftwaffe sorgt in der Nacht vom 6. auf den 7. Dezember in der Universitätsstadt Gießen für schwerste Verwüstungen. Bei dem von Lancaster-Bombern der 5. Royal Air Force Group durchgeführten Bombardement fallen weit mehr als 1.000 Tonnen Bomben auf die Stadt und zerstören den Stadtkern zu 86 Prozent.1 Die vom britischen Bomber Command mit dem Codenamen „Hake“ (Hecht) bezeichnete Operation sorgt in der Stadt Gießen gegen 19:30 Uhr für den ersten Voralarm, kurz darauf erscheinen die ersten als Zielmarkierung abgeworfenen Leuchtmittel (wegen ihrer Leuchtkraft und des kaskadenartigen Falls werden die in großer Zahl abgeworfenen Leuchtkörper im Volksmund als „Christbäume“ bezeichnet) der britischen Vorhut. Zwischen 20:03 Uhr und 20:35 Uhr erfolgt schließlich der schwerste Luftangriff auf Gießen im Zweiten Weltkrieg. Hauptziele der Attacke sind der Gießener Stadtkern die Gleisharfe vor Klein-Linden. Die verheerende Wirkung der von etwa 247 bis 254 britischen Bombern abgeworfenen Sprengmittel töten in dieser Nacht schätzungsweise 390 Menschen; allein 100 von ihnen sterben, als der Luftschutzkeller der Gießener Gummiwarenfabrik Poppe & Co. im Leihgesterner Weg zerstört wird. Weitere 100 Personen kommen im Ortsteil Klein-Linden ums Leben. Die Bombenabwürfe, die im Stadtkern einen Feuersturm entfachen, führen zur fast völligen Zerstörung der alten Gießener Innenstadt. Löschversuche, die den entstehenden Flächenbrand eindämmen sollen, können nur vereinzelt und in völlig unzureichendem Maße durchgeführt werden. Es kommt zum weitgehenden Zusammenbruch der städtischen Verkehrs-, Versorgungs- und Kommunikations-Infrastruktur, woraufhin während der folgenden Tage zahllose Menschen Gießen verlassen.
Ein weiterer Angriff auf Gießen erfolgt nur wenige Tage später am 11. Dezember 1944.
(OV/KU)
- Vgl. Uta Hohn, Die Zerstörung deutscher Städte 1940 bis 1945. Luftkrieg und Stadtplanung, Schadenserfassung und Schadensbilanz, in: Kölner Geographische Arbeiten 1993, Heft 57, S. 3-24, hier: S. 18. ↑
- Belege
- Weiterführende Informationen
- „Christbaeume“ markierten das Ziel in Nachbarstadt [von Marburg]: am Nikolaustag 1944 fielen in Gießen die Bomben; Erinnerungen an den schweren Luftangriff der Royal Air Force, in: Hessenland: Beilage für Geschichte, Landschaft und Volkstum unserer Heimat 1985, Folge 75 vom 7.1.1985, S. 3
- Gesine Desgroseilliers/Walther Hintz, Gießen vor 50 Jahren. Tödliche Bescherung zum Nikolaustag: 1207 Tonnen Bomben versetzten 65 Prozent der Stadt in Schutt und Asche, in Oberhessische Presse, 6.12.1994, S. 26.
- HeBIS Berding, Helmut: 6. Dezember 1944 : Überlegungen in historischer Perspektive, in: Oberhessischer Geschichtsverein: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Giessen / hrsg. vom Vorstand des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen e.V., Bd. N.F. 80 (1995), S. 7-18
- HeBIS Humphrey, Richard: Der 6. Dezember 1944: „Hake“, die Trümmer und wir, in: Oberhessischer Geschichtsverein: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Giessen / hrsg. vom Vorstand des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen e.V., Bd. N.F. 80 (1995), S. 23-40
- Gießener Allgemeine.de: 6. Dezember 1944 – Gießen im Feuersturm (veröffentlicht am 04.12.2009) (eingesehen am 06.12.2013).
- Justus-Liebig-Universität Gießen: Online-magazin UNIversum: Geschichte: Geschichte Gießens: Operation Hake / von Sarah Schiek (eingesehen am 6.12.2013).
- Gießener Allgemeine.de: Rekonstruktion: Angriff der „Todesflotte“ am 6.12.1944 (Artikel vom 17.11.2009) / von Burkhard Möller (eingesehen am 6.12.2013)
- Wikipedia: No. 5 Bomber Group (eingesehen am 6.12.2013).
- Hebis-Klassifikation
- 263460 ,Zweiter Weltkrieg
- Hebis-Schlagwort
- Gießen ; Giessen / Weltkrieg, Zweiter ; Luftangriffe
- Empfohlene Zitierweise
- „Schwerer Bombenangriff auf Gießen, 6. Dezember 1944“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/881> (Stand: 6.12.2022)