Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Übergabe des ersten Hubschraubers an die hessische Landespolizei, 21. Dezember 1964

Der amtierende hessische Innenminister Heinrich Schneider (1905–1980; SPD) übergibt auf dem etwa 17 Kilometer südlich von Frankfurt am Main gelegenen Flugplatz Egelsbach zur Mittagszeit den ersten Hubschrauber der hessischen Landespolizei seiner Bestimmung. Am Vortag hatte Schneider die Aufstellung der „Flugbereitschaft (FluB) der hessischen Polizei“ angeordnet.

Der Helikopter vom Typ Alouette II (Astazou) SA 318 soll in erster Linie zur Verkehrsüberwachung auf den hessischen Autobahnstrecken dienen, kann aber im Bedarfsfall auch zu Kurierdiensten, zum Transport von verunglückten Personen und im Katastrophenschutz eingesetzt werden. Die Kanzel des einmotorigen Hubschraubers, der auch vom Bundesgrenzschutz geflogen wird, bietet Platz für zwei Tragbahren. Um einen schnellen Transport von Verletzten und eine umgehende Versorgung zu ermöglichen, ist beabsichtigt, die Besatzungsmitglieder umfassend in Erster Hilfe zu schulen und mehrere nahe den stark befahrenen Autobahnabschnitten gelegene Kliniken in Kürze mit Behelfslandeplätzen für den Polizeihelikopter auszustatten. Das Unfallkrankenhaus in Frankfurt am Main besitzt bereits einen Bedarfslandeplatz, der im Notfall von der Polizei-Helikopterstaffel genutzt werden kann.

Die SA-318 „Alouette II“ des französischen Fluggeräteherstellers Sud Aviation (später: Aérospatiale) ist der erste in Serie gefertigte Hubschrauber mit einem Gasturbinentriebwerk, das gegenüber den bisher zum Antrieb von Drehflüglern genutzten Verbrennungsmotoren ein deutlich niedrigeres Leistungsgewicht (Verhältnis von Masse zu Leistung) aufweist. Cockpit und Kabine im Vorderteil des Hubschraubers sind räumlich nicht voneinander getrennt und voll verglast, was eine hervorragende Rundumsicht ermöglicht. Die „Alouette II“ (franz. „Alouette“ = Lerche) besitzt eine Rumpflänge von 9,70 m und ein Leergewicht von 895 kg (max. Startgewicht 1.600 kg). Sie erreicht eine Geschwindigkeit von maximal etwa 195 km/h. Ohne Zwischenstopp kann eine Strecke von 700 Kilometern zurückgelegt oder eine Flugzeit von bis zu viereinhalb Stunden erreicht werden. Die als Antrieb genutzte Turbine Turbomeca Astazou IIA entwickelt eine Leistung von 413 kW und erlaubt es der Maschine bis in eine Höhe von 4.500 Meter aufzusteigen. Für Bergungsaktionen ist die Montage einer Rettungswinde und eines Lasthakens vorgesehen, an denen eine Seilschlinge befestigt werden kann. Auf diese Weise kann die „Alouette II“ Lasten von bis zu einer halben Tonne Gewicht aufnehmen und transportieren.¹ Während der zweiten Hälfte der 1950er Jahre stellte der Hubschraubertyp mehrere Flugrekorde auf und wurde durch seine Verwendung bei spektakulären Einsätzen bei der alpinen Bergrettung bekannt. Die Regierungen der Länder sind übereingekommen, für die Fliegerstaffeln ihrer Polizeidienste möglichst einheitlich dieses Modell zu verwenden. Bereits am 1. Februar 1965 wird der Personalbestand der Helikopterstaffel um zwei weitere Piloten verstärkt. Im November 1965 erfolgt in Egelsbach die Indienststellung einer weiteren Alouette II der hessischen Polizei (Kennzeichnung „D-HAHY“).
(KU)

1. Diese Einrichtung bewährt sich am 27. April 1965 bei der Bergung eines schwer verunglückten Bauarbeiters von dem hundert Meter hohen Schornstein der im Bau befindlichen Müllverbrennungsanlage der Stadt Darmstadt, vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.4.1965, S. 32: Tod auf dem Schornstein – Polizeihubschrauber birgt den Verunglückten. ↑