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Bericht des SS-Sicherheitsdienstes zur Unterbringung ausländischer Arbeiter in Privatquartieren, 15. März 1943

Die vom Sicherheitsdienst der SS zusammengestellten Meldungen aus dem Reich befassen sich unter anderem mit den Problemen der Unterbringung ausländischer Arbeiter in Privatquartieren. Die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte, die nicht in Lagern, sondern in privaten Wohnungen untergebracht seien, sei hoch und steige weiter an. Der Grund dafür sei die größere persönliche Freiheit, die man in Privatunterkünften finde, aber auch eine bessere Versorgung, da die Arbeitskräfte, die nicht in Lagern wohnten, wie Deutsche mit Lebensmittelkarten versehen würden. Auch viele Vermieter seien daran interessiert, Räume an fremde Arbeiter zu vermieten, weil sie damit höhere Mieten erzielen könnten und ihnen die Ausländer vielfach Mangelwaren wie Seife, Schokolade, Bohnenkaffee oder Spirituosen abgeben könnten, die sie aus ihrer Heimat erhielten.
Die Unterbringung in Privatquartieren bringe aber, so der Bericht weiter, immer wieder Probleme mit sich, da unter den Vermietern auch Personen zu finden seien, die teils wegen ihrer früheren politischen Vergangenheit, teils aus sonstigen Gründen als politisch nicht einwandfrei und zuverlässig anzusehen seien. So werde etwa über Fälle berichtet, in denen ausländische Untermieter und Vermieter gemeinsam verbotene ausländische Rundfunksender abhörten. Vielfach seien die deutschen Vermieter den ausländischen Arbeitskräften gegenüber eher gleichgültig und ließen zu, dass sie mit anderen Ausländern in den Wohnungen zum Austausch von Nachrichten zusammenkämen, wodurch die Gefahr der Spionage und Sabotage gegeben sei. Die Bevölkerung vermute, dass auch das Beschriften von Wänden mit feindlichen Parolen überwiegend diesen in Privatunterkünften lebenden Arbeitskräften zuzuschreiben sei.
Aus Frankfurt am Main werde zum Beispiel gemeldet:

Diese Quartiere werden oft als Brutstätten staatsfeindlicher Betätigung angesehen, da eine politische Überprüfung der Vermieter bisher in keinem Falle erfolgte. Tatsache sei, daß z. B. in Wiesbaden und Frankfurt (Main) sich in Privat-Quartieren untergebrachte Ausländer weitgehendst krimineller Vergehen schuldig machten. So seien beispielsweise in Wiesbaden gegen privat wohnende fremdvölkische Arbeiter 35 Gerichtsverfahren wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erregung öffentlichen Ärgenisses, verbotener politische Betätigung usw. angängig.

Anmerkung: Ob die vom Sicherheitsdienst zusammengestellten Meldungen den Tatsachen entsprechen, kann bisher nicht überprüft werden. Sie geben aber sicherlich eine – aus der Sicht des SD der SS interpretierte – Problematik wieder, die sich aus der massenhaften Beschäftigung und Unterbringung von Zwangsarbeitern und ausländischen Arbeitskräften im Reich ergab.
(OV)

Belege
Empfohlene Zitierweise
„Bericht des SS-Sicherheitsdienstes zur Unterbringung ausländischer Arbeiter in Privatquartieren, 15. März 1943“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4743> (Stand: 20.6.2021)
Ereignisse im Februar 1943 | März 1943 | April 1943
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