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Grabdenkmäler

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Anselm (Anshelmus) Hun, gestorben zwischen 1372 und 1383, Wetzlar

Wetzlar · Gem. Wetzlar · Lahn-Dill-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Wetzlar

Gebäude / Areal:

Wetzlar, Dom.

Heutiger Aufbewahrungsort:

Wetzlar, Dom.

Im Inneren an der Nordostseite des Chores, früher (1925) im Eingangsraum an der Südseite des Chores.

Merkmale

Datierung:

1372-1383

Typ:

Epitaph

Material:

roter Sandstein

Erhaltung:

erhalten

Größe:

92 x 205 cm (B x H)

Beschreibung

Beschreibung:

Die hochrechteckige Platte mit erneuerter Sockelpartie gibt den Verstorbenen frontal stehend wieder. Er hält mit gleichmäßig gewinkelten Armen ein langes, bis zu den Füßen verlaufendes Schwert genau über der Körpermitte. Die Handschuhe sind aus Plattenzeug, ob wie üblich gefingert, ist nicht mehr zu erkennen, sie wurden bei einer Restaurierung in den letzten Jahren stark vergröbernd ergänzt. Die beigegebene Abbildung aus der Zeit vor dieser Restaurierungsmaßnahme verdeutlicht in diesem Bereich bereits derartige Zerstörungen, so daß die Frage nicht mehr zu klären ist. Der auf der linken Seite sichtbare Dolch – oben und unten ergänzt – wird, wie in der Regel, am Gürtel befestigt sein. Der lange Rock zeigt in der Art der Faltenwiedergabe mittels zumeist parallel verlaufender Einkerbungen ohne nennenswerte Modellierungen, daß es sich bei der Ausarbeitung um eine relativ einfache Gestaltung handelt. So bewirken hier Frontalität zusammen mit der wenig differenzierten Körperhaltung und der Schematisierung des Stofflichen eine gewisse Steifheit der figürlichen Erscheinung. Über den Ecken des Steines in symmetrischer Entsprechung vier Wappenschilde, rechts unten in glatter Oberfläche restauriert. Die seitliche Rahmung in architektonischen Zierformen, welche den unteren Wappenschilden direkt aufgesetzt ist, darf in der Tradition des Architekturgrabmals gesehen werden. Diese Art der figürlichen Umrahmung war auch im mittelrheinischen Gebiet verbreitet. Der beigegebene Topfhelm genau oberhalb des Kopfes – das Gesicht durch neue Ergänzungen sehr verunstaltet - bedeutet einen auf die Figur bezogenen, raumhaltigen Abschluß, in der optischen Wirkung dem Baldachin eines Architekturgrabmals nicht unähnlich.

Dieses Akzentuieren einer selbständigen, körperhaften Figur kann auf die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts weisen. Jedoch erschwert die summarische Behandlung des Stofflichen eine genauere Datierung. Hier hilft die urkundliche Überlieferung und gestattet die Annahme, die Entstehung des Steines um 1380 anzusetzen.

Die Inschrift verläuft auf den abgeschrägten Rändern zunächst links von oben nach unten, dann rechts von unten nach oben.

Darstellung:

figürlich

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Stand:

Adlige · Bürger

Enthaltene Wappen:

Vier Wappenschilde in den Ecken:

1) links oben drei Sechssterne in der Anordnung 2:1,

2) rechts oben ein mit drei Hühnern belegter Sparren,

3) links unten nochmals dasselbe Wappen, allerdings gespiegelt,

4) rechts unten unkenntlich.

Vermutlich ist das zweimal dargestellte Wappen mit Sparren und Hühnern dasjenige des Verstorbenen, also der Familie Hun. Das Wappen mit den drei Sternen könnte das der Wetzlarer Schöffenfamilie Snauhart sein (vgl. Struck, Index der Siegelbeschreibungen). 1372 wird Anselm Hun als Schwager des Schöffen Heinrich Snauhart genannt (Struck, Nr. 245).

Dargestellte Personen:

Anselm (Anshelmus) Hun, vom Todesjahr ist nur der Anfang (m ccc) ausgeführt worden, so dass das Denkmal wohl zu Lebzeiten errichtet wurde. Gloël (und diesem folgend Schaum-Benedum, s. Literatur) ging irrtümlich davon aus, das dies die vollständige Jahreszahl sei.

Der Verstorbene wird urkundlich erstmals am 20. März 1346 (Trierer Stil angenommen) als Bürger zu Wetzlar genannt (Wiese, Nr. 1507), im Juli 1347 zusammen mit seiner Frau Alheid (ebd., Nr. 1560). Am 1. November 1363 verkaufen beide eine Korngülte an einen ihrer Mitbürger und setzen dafür ihr Haus, Hof und Scheuer zu Wetzlar "in der Burg" als Unterpfand (Wyss III, Nr. 1034).

Am 16. Februar 1372 ist Anselm Hun (Hunichen) letztmals bezeugt, hier als Schwager des Wetzlarer Schöffen Heinrich Snauhart (Struck, Nr. 245), im Februar 1383 war er bereits verstorben (Struck, Nr. 365).

Seine Tochter Else war die Ehefrau des Eckhard zu Nassau des Jüngeren, Schultheißen zu Wetzlar (ebd.; Struck, Register; Luckhard, S. 176).

Im Wetzlarer Nekrologium ist für Anselm Hun und seine [zweite] Frau Katharina zum 16. Februar (XIV. kal. März) ein Jahrgedächtnis verzeichnet (Luckhard, S. 35). Wie aus einer Urkunde vom 29. November 1407 zu schließen ist, heiratete Katharina nach Anselms Tod Heiderich Rau (Heydenrich Ruwe), wohl aus der adligen Familie Rau von Holzhausen, der Anshelm als seinen vorbar - "Vorfahr" im Sinne von vorherigem Mann seiner Frau - bezeichnet (Regest von Ernst Wiese in HHStAW, Abt. 1087, Nr. 14).

Anselm Hun entstammte aufgrund seiner Darstellung mit Schwert und Helm wohl einer niederadligen Familie, obwohl er urkundlich nie mit einer dies bestätigenden Bezeichnung, sondern nur als Bürger, vorkommt.

Inschrift

Umschrift:

+ Anshelmus • dictus • hun • Sub • anno : /

d(omi)ni • M • ccc

Übersetzung:

Anselm genannt Hun im Jahr des Herrn 13[..].

Kommentar:

Die Jahreszahl ist nicht vollständig ausgeführt worden.

Schrift:

Gotische Minuskel

Nachweise

Literatur:

  • Gloël, Heinrich: Die alten Wetzlarer Grabsteine und Epitaphien, in: Mitteilungen des Wetzlarer Geschichtsvereins 9 (1925), S. 3-80, hier S. 4
  • Struck, Wolf-Heino: Das Marienstift zu Wetzlar im Spätmittelalter, Marburg 1969
  • Luckhard, Fritz: Das Wetzlarer Necrologium von 1389, Wetzlar 1925
  • Schaum-Benedum, Christa: Die figürlichen Grabsteine des 14. und 15. Jahrhunderts in Hessen, 1969, S. 208
  • Wiese, Ernst: Urkundenbuch der Stadt Wetzlar, Erster Band: 1141-1350, Marburg 1911
  • Wyss, Arthur: Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei Hessen, Dritter Band: 1360-1399, Marburg 1899

Personen:

Hun, Alheid, geb. NN · Hun, Katharina, geb. NN, wieder verheiratet mit Heiderich Rau (von Holzhausen) · Rau (von Holzhausen), Katharina, geb. NN, zuvor verheiratete Hun · Rau (von Holzhausen), Heiderich · Snauhart, Heinrich · Hun, Else, verheiratete zu Nassau · Nassau, Else zu, geb. Hun · Nassau, Eckhard zu, der Jüngere

Sachbegriffe:

Ritter · Schwerter · Topfhelme · Helme · Wappen · Architekturrahmungen · Dolche · Männer · Bürger · Adlige

Wappen:

Hun · Snauhart (?)

Bearbeitung:

Christa Benedum, Gießen, und Andreas Schmidt, HLGL

Zitierweise
„Anselm (Anshelmus) Hun, gestorben zwischen 1372 und 1383, Wetzlar“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1398> (Stand: 14.10.2022)