Degradierung des Priesters, der Anna von Katzenelnbogen vergiften wollte

Regest-Nr. 9721

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise

Überlieferung

Drucke:	Koelhoffsche Chronik, S. 833f.
Regesten:	Demandt, Regesten Katzenelnbogen 2, S. 1617-1618 Nr. 5785.

Regest

1474 Juni 28 waren zu Köln sieben Weihbischöfe, alle in Pontifikalgewändern, gleich als ob sie einen Altar oder eine Kirche weihen wollten; sie degradierten auf dem Domhof vor dem Saale einen Geistlichen, welche viele Leute vergiftet und auch versucht hatte, den Grafen (Philipp) von Katzenelnbogen und seine Frau (Anna) zu vergiften, obwohl diese ihm und seiner Schwester viel Gutes getan hatten. Die Degradierung erfolgte unter stückweiser Wegnahme der priesterlichen Gewandung in umgekehrter Folge wie (bei ihrer Anlegung) bei einer Priesterweihe; zuletzt setzte man ihm eine kleine Kapuze auf. Der Priester hatte im Saale vor dem Offizial, vor den Weihbischöfen, den städtischen Ratsleuten und allen dort Anwesenden große Schlechtigkeiten bekannt, die er bereits getan hatte und teils noch tun wollte, wofür er große Geldzuwendungen erhalten hatte; zudem hatte er jahrelang nicht gebeichtet, aber dennoch Messe gelesen. Er wurde ohne Beichte beim Galgen in der Kesselkule verbrannt.
Den Prozeß und die Degradierung hatte, wie der Chronist sagen hörte, ein Graf (Johann) von Nassau unter schweren Kosten aus folgenden Gründen in die Wege geleitet: Der damalige Katzenelnboger Graf war ein alter Mann, der keine Manneserben hatte, da sein Sohn (Eberhard?) vorzeiten zu Brügge in Flandern erstochen worden war (1). Seine Tochter (Anna) aber war schon längere Zeit mit Landgraf Heinrich von Hessen vermählt. Daraufhin ward Graf (Philipp) von seiner Landschaft gedrängt, erneut zu heiraten, damit die Grafschaft einen Manneserben erhalte und nicht an einen fremden Stamm falle; Graf (Philipp) heiratete demzufolge eine Nassauer Gräfin. Jetzt aber wurde der oben genannte Priester von St. Goar, der katzenelnbogischer Kaplan war, gedungen, die Gräfin zu vergiften, was er bei der Spülung nach dem Sakrament versuchte, um dieses Anliegen der Landschaft zu verhindern. Man munkelte schon bald von gewissen Leuten, die das angestiftet hätten (2).
(1) Diese Nachricht ist bisher immer, aber unzutreffend, auf Graf Philipp d.J. bezogen worden, da dieser 1453 Februar 27 in Darmstadt verschieden und im katzenelnbogischen Erbbegräbnis im Kloster Eberbach beigesetzt wurde. Da die Kolhoeffsche Nachricht von Wenck I, 594 übernommen wurde, hat sie sich zäh behauptet und ist zuletzt noch in einer "geschichtlichen Novelle" C. Spielmanns, Die Blüte von Katzenelnbogen (Nassovia 1900 S. 171 ff.) phantasiereich ausgestaltet worden. Es kann sich jedoch bei dieser Nachricht, wenn sie sachlich zutreffen sollte, nur um eine Mitteilung über den Tod des Grafen Eberhard handeln.
(2) Die Vermutung von Diemar, daß auf den Kölner Gaffeln noch 1480, also 6 Jahre nach diesem Ereignis und ein Jahr nach Graf Philipps Tode, hierher gehörige Äußerungen gegen Landgraf Heinrich gefallen seien, ist wenig wahrscheinlich. Dagegen ist kaum zu bezweifeln, daß bei den schweren Belastungen, die die engsten Vertrauten des Landgrafen Hans von Dörnberg und Compenhans durch den verurteilten Priester erfahren hatten, der Verdacht der Urheberschaft schon gleich auf den Landgrafen fallen mußte.

Nachweise

Weitere Personen

Katzenelnbogen, Grafen, Philipp I. · Katzenelnbogen, Grafen, Philipp II. · Nassau-Weilburg, Grafen, Johann III. · Katzenelnbogen, Grafen, Anna, Frau Philipps I., verw. Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, geb. Gräfin von Nassau · Katzenelnbogen, Grafen, Eberhard, Sohn Philipps I. · Hessen, Landgrafen, Heinrich III. · Dörnberg, Hans d.Ä. von · Kompenhans, Johann

Weitere Orte

Köln · Köln, Domhof · Katzenelnbogen, Grafen · Köln, Galgen in der Kesselkule · Nassau, Grafen · Brügge · Flandern · St. Goar, Priester · Katzenelnbogen, Landschaft

Sachbegriffe

Weihbischöfe · Gerichte, geistliche · Urteile, Vollstreckung von · Pontifikalgewänder · Priester, Degradieren von · Verbrechen, Vergiften · Vergiftungen · Domhöfe · Flurnamen · Galgen · Schwestern · Priester, Weihe von · Galgen · Strafen, Erhängen · Strafen, Verbrennen · Beichten, Vorenthalten von · Strafen, Tot ohne vorherige Beichten · Erben, fehlende männliche · Landschaften · Grafen · Mordanschläge · Priester · Kapläne, katzenelnbogische · Mordanschläge

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Demandt, Reg. Katzenelnbogen 2

Zitierweise

Landgrafen-Regesten online Nr. 9721 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/9721> (Stand: 28.04.2024)