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Grabdenkmäler

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Ludwig Pussel und seine Frau Palmenia 1484, Wetzlar

Wetzlar · Gem. Wetzlar · Lahn-Dill-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Wetzlar

Gebäude / Areal:

Wetzlar, Dom.

Heutiger Aufbewahrungsort:

Wetzlar, Dom.

In die äußere Nordostwand des südöstlichen Querschiffes eingelassen.

Merkmale

Datierung:

1484

Typ:

Epitaph

Material:

heller Sandstein

Erhaltung:

erhalten

Größe:

100 x 100 cm (B x H)

Beschreibung

Beschreibung:

Wie bei Epitaphien üblich, werden die Verstorbenen auch hier namentlich in der am oberen Rand befindlichen, dreizeiligen Inschrift genannt, auch wird ihr Todesjahr mitgeteilt. Sie sind jedoch nicht figürlich wiedergegeben. Stattdessen erscheint im Relief die Verkündigung an Maria (Anm. 1).

Maria kniet in der linken Hälfte des quadratischen Relieffeldes vor einem dem Bildrand einbezogenen und in die Tiefe ihres Gemaches führenden Tisch oder Betpult, darauf ein aufgeschlagenes Buch. Sie hat ihre Lektüre unterbrochen und reagiert durch Wendung des Oberkörpers und des Kopfes nach rechts auf die Erscheinung des Engels, ohne ihn jedoch anzublicken. Ihr langes, weites Gewand gibt trotz der Zerstörung der Oberfläche noch andeutungsweise das Falten- und Saumspiel wieder. Es liegt weit dem Boden auf, fast bis zu dem Engel reichend, der sich vom rechten Bildrand her nähert. Er hat ausgebreitete Flügel und beugt in differenzierter Weise die Knie, wobei sein linkes dem Boden aufgesetzt ist. Das um sein Zepter gewundene Spruchband steht für seine Botschaft. Möglicherweise war der Beginn einst als "Ave Maria" zu lesen (heute völlig unkenntlich). Zwischen beiden Figuren befindet sich in heute nicht mehr nachvollziehbarer räumlicher Einfügung eine Vase mit Blumen. Es wird sich dabei um die marianischen Blumen gehandelt haben, welche, wie auch in der Malerei üblich, ihre Jungfräulichkeit symbolisieren.

Ungeachtet der starken Verwitterung ist die qualitätvolle Komposition in der bildmäßigen Zusammenfassung des Gegenständlichen noch gut zu erkennen. Sie wird bestimmt von den Körperhaltungen, den Flügeln des Engels und dem Verlauf des Mariengewandes. Auch Einfügung und leichte Neigung des Zepters und der Taube über dem Kopf der Gottesmutter haben Teil an diesem Konzept der Abstimmungen untereinander. Vielleicht lieferten Beispiele aus Malerei und Graphik die Anregungen dazu.

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Anm. 1: Dieses biblische Thema, hier alleiniger Bildgegenstand, kann im Bereich von Grabmal und Epitaph begegnen. Dann gilt die Anbetung der Verstorbenen dieser Szene, z. B. Epitaph des Grafen Bernhard II. von Solms, gest. 1459, in Altenberg bei Wetzlar.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

weibliche Person(en) · Ehepaar · männliche Person(en)

Stand:

Bürger

Dargestellte Personen:

Ludwig Pussel (Puiszel) und seine Frau Palmenia, beide gestorben im Jahr 1484.

Die Eheleute Ludwig Pussel (auch Puessel, Pußel, Puzel), Bürger zu Wetzlar, und seine Frau Palmenia (auch Palmenye, Palemeynye), deren Geburtsname unbekannt ist, lassen sich von 1442 bis zu ihrem Todesjahr urkundlich nachweisen (Struck, Register). Am 12. Juni 1484 lebten sie beide noch (Struck, Nr. 1096). Ludwig Pussel wird sogar noch 1485 in einem Einkünfteverzeichnis der Propstei des Marienstifts Wetzlar genannt (Struck, Nr. 1101), doch kann sein Name aus einem älteren Register versehentlich übernommen worden sein. Im Nekrologium des Marienstifts ist zum 22. April (X. kal. Maii) ein Jahrgedächtnis für Ludwick Pusszel, seine Frau palmania und beider Söhne Ludwig und Johann(es) verzeichnet (Luckhard, S. 98). Der Sohn Johann war Vikar des St. Georgsaltars im Marienstift Wetzlar und Kaplan zu Niedergirmes (Struck, Register).

Inschrift

Umschrift:

• a(nno) • d(omi)ni • 1484 • obieru(n)t • lodwicus • /

puiszel • et • palmenia • e(i)us • vx(or) • a(n)i(m)e • /

r(e)q(ui)e(s)ca(n)t • in • pace • ame(n) •

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1484 starben Ludwig Pussel und Palmenia, dessen Frau, [deren] Seelen in Frieden ruhen mögen, Amen.

Kommentar:

Gloël las fälschlich pinczel statt puiszel und pal maria statt palmenia.

Schrift:

Gotische Minuskel

Nachweise

Literatur:

  • Gloël, Heinrich: Die alten Wetzlarer Grabsteine und Epitaphien, in: Mitteilungen des Wetzlarer Geschichtsvereins 9 (1925), S. 3-80, hier S. 6 (fehlerhaft)
  • Struck, Wolf-Heino: Das Marienstift zu Wetzlar im Spätmittelalter, Marburg 1969
  • Luckhard, Fritz: Das Wetzlarer Necrologium von 1389, Wetzlar 1925

Personen:

Pussel, Ludwig (junior) · Pussel, Johann(es)

Orte:

Niedergirmes

Sachbegriffe:

Verkündigungsszenen · Engel · Tauben · Spruchbänder · Blumen, marianische · Marianische Blumen · Zepter · Bücher · Lesepulte · Männer · Frauen · Ehepaare · Bürger

Bearbeitung:

Christa Benedum, Gießen, und Andreas Schmidt, HLGL

Zitierweise
„Ludwig Pussel und seine Frau Palmenia 1484, Wetzlar“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1411> (Stand: 28.8.2008)