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Grabdenkmäler

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Nikolaus von der Krae der Jüngere (+ 1428), gesetzt 1385, Wetzlar

Wetzlar · Gem. Wetzlar · Lahn-Dill-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Wetzlar

Gebäude / Areal:

Wetzlar, Dom.

Heutiger Aufbewahrungsort:

Wetzlar, Dom.

Der Stein wurde nach Gloël unter dem Fußboden des Chores gefunden. Er befindet sich jetzt im sogenannten "Heidenhof" (südwestliche Vorhalle).

Merkmale

Datierung:

1. November 1385

Typ:

unbestimmt

Material:

heller Sandstein

Erhaltung:

erhalten

Größe:

105.5 x 217 cm (B x H)

Beschreibung

Beschreibung:

Weiteres Maß: Tiefe bis 31 cm.

Die Platte ist beidseitig bearbeitet, was auf eine Zweitverwendung schließen lässt. Die heute zur Wand gekehrte Seite zeigt ein erhabenes, längsorientiertes, lateinisches Kreuz mit gespreiztem Fuß. Das Kreuz ist 184 cm hoch und 80 cm breit, die Breite der Kreuzarme beträgt 28,5 cm, die des Stammes 29,5 cm. Diese Seite dürfte früher als die heutige Schauseite bearbeitet worden sein.

Auf der heute dem Betrachter zugewandten Seite zeigt die Platte den lebensgroß wiedergegebenen Geistlichen in Ritztechnik. Bei diesem Verfahren werden Kontur und Binnenformen in schmalen Linien in die Oberfläche des Steines eingemeißelt (Anm. 1). Hier ist weiterhin zu beobachten, daß die eingekerbten Linien mit Blei ausgefüllt waren (Anm. 2). Dies ist noch zu erkennen bei der linken Hand des Geistlichen. Die im Verlauf dieser Linien sichtbaren Bohrlöcher werden der Verfestigung der bleiernen Stege gedient haben. Mit dieser Technik wird die körperhafte Erscheinung zur Flächenhaftigkeit geführt und das im Stein ursprünglich gut erkennbare Bild kommt dem Eindruck einer monumentalen Zeichnung nahe. Auch die Inschrift sowie die sie umrahmenden Linien wurden mit Blei ausgefüllt, wie es im oberen Bereich der linken Inschrift noch gut anschaulich ist. Die den Verstorbenen umrahmenden architektonischen Elemente mit Baldachin waren hingegen in flachem Relief ausgeführt, eine bei Ritzsteinen relativ seltene Verbindung. Anordnung und Formen dieser Architekturglieder zeigt das Grabmal des 1365 verstorbenen Johann von Falkenstein in Kloster Arnsburg, welches bei dem Wetzlarer Stein, übrigens das älteste erhaltene Beispiel mit derartiger Figurenumrahmung, durchaus als anregendes Vorbild angesehen werden kann.

Der Kanoniker wird frontal stehend mit einem Kelch wiedergegeben. Die bis über die Füße fallende Albe wird aufgrund der senkrechten Linien der unteren Gewandpartie kenntlich. Die darüber getragene Kasel wird im Bereich der Schultern mittels leicht geschwungener Faltenzüge angegeben und endet in dem leicht zugespitzten Saumverlauf der untersten Linie. Im Gesicht haben sich die zur Angabe von Augenbrauen und Nase eingearbeiteten Bleistücke erhalten.

Zum Vergleich kann herangezogen werden das in flachem Relief ausgearbeitete Grabmal des Eckard zum Schilde, gest. 1376, in der Friedberger Stadtkirche (Anm. 3).

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Anm. 1: Im Bereich der hessischen Grabmalkunst gibt es bereits in der Zeit des 14. und frühen 15. Jahrhunderts mehrere Beispiele dieser Art; es sei nur verwiesen auf Bleidenstadt, Grabplatte des Hermann von Spangenberg, gest. 1363; Höchst/Odenwald, Dekan Crafto, gest. 1336.

Anm. 2: Mit „schwarzer Paste ausgefüllte Konturen“ zeigt die berühmte Grabplatte des Baumeisters Hugues Libergiers, gest. 1263, in der Kathedrale von Reims; vgl. E. Panofsky, Grabplastik, Köln 1964, S. 59, Abb. 205. Ebenda S. 58 mit dem Verweis auf Messing-Grabplatten.

Anm. 3: Angebildet bei E.L. Fischel, Mittelrheinische Plastik des 14. Jahrhundert, München 1923, Abb. XXXIX.

Darstellung:

figürlich

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Stand:

geistliche Personen

Dargestellte Personen:

Die Inschrift besagt nur, dass sich Nikolaus (Nycolaus) von der K[rae] die durch die Platte bezeichnete Stelle am 1. November 1385 als Ort seiner Bestattung wählte.

Nikolaus von der Krae - zur Unterscheidung von seinem gleichnamigen Onkel der Jüngere genannt - läßt sich urkundlich ab 1381 als Kanoniker des Wetzlarer Marienstifts fassen. 1382 wird er als präbendierter Kanoniker der Speyerer Kirche und Kanoniker zu Wetzlar bezeichnet. Am 15. Juni 1385 war er Dekan des Stifts Wetzlar. Als Wetzlarer Kanoniker bekam er 1396 eine päpstliche Provision auf ein Kanonikat zu Fritzlar und eine Bestätigung seines Wetzlarer Dekanats. Er hatte das Dekanat zusammen mit dem Dekanat von St. Germani in Speyer und dem Kanonikat in Fritzlar erhalten. Bald darauf, wohl noch zu Lebzeiten des Dekans Nikolaus von der Krae des Älteren zu Fritzlar, seines Onkels, hat sich Nikolaus der Jüngere in Fritzlar installiert. Als Dekan des Stifts St. Germani in Speyer ist Nikolaus von der Krae der Jüngere noch 1397 mit dem Titel eines Bacc. in decretis bezeugt, als Dekan des Wetzlarer Marienstifts, dem er manche Wohltat zuwandte, bis 1404. Ab 1414 läßt er sich als Dekan des Petersstifts in Fritzlar nachweisen und wird als solcher bis zu seinem Tod erwähnt. Er gehörte zu den Fritzlarer Kanonikern, die sich durch ihre kirchlichen und karitativen Stiftungen im besonderen Maße ausgezeichnet haben. Am 14. August 1427 z. B. stiftete er eine Rente für das Franziskanerkloster seiner Heimatstadt Grünberg zum Seelenheil seiner verstorbenen Eltern Dietrich und Elisabeth von der Krae, seines oben bereits genannten Onkels Nikolaus des Älteren und seines Bruders Johannes von der Krae, ehemals Kanonikers des Stifts Wetzlar (des letzteren Epitaph im Dom zu Wetzlar). Nikolaus von der Krae der Jüngere starb nach der Inschrift seines in Fritzlar erhaltenen Epitaphs (siehe hier) am 31. August 1428, während die Kalendarien des Stifts Fritzlar und der Altaristen den 29. und 30. September angeben. (Alle Angaben dieses Absatzes nach Demandt, S. 598-604, dort weiteres)

Im Nekrologium des Wetzlarer Marienstifts ist zum 28. April (4. Kal. Maii) ein Jahrgedächtnis für ihn, seinen Bruder Johannes und beider Eltern Dietrich (Theodericus) und Elisabeth verzeichnet. Weiter heißt es dort, dass das Anniversar speziell für Nikolaus am Dienstag vor Philippi und Jacobi begangen werden soll und dass dessen Sarkophag sich vor dem Dreisitz (ante tres sedes) beim Hauptaltar befinde (Luckhard, S. 103f.). Der Dienstag vor Philippi und Jacobi fiel im Jahr 1428 genau auf den 31. August, den die Inschrift des Fritzlarer Epitaphs als Todestag nennt. Bestattet wurde Nikolaus von der Krae aber offensichtlich, wie er ausweislich der vorliegenden Platte - dem Deckel seines Sarkophags ? - bereits 1385 bestimmt hatte, im Wetzlarer Dom.

Inschrift

Umschrift:

[........] millesimo ccc lxxx v • k(a)l(endas) noue(m)b(ri)s • nycola(us) vo(n) der k[....] /

[h]unc locu(m) sepult(ur)e sibi elegit. c(u)i(us) a(n)i(m)a viuat in xp[o ?]

Übersetzung:

[Im Jahr] 1385, an den Kalenden des November, wählte sich Nicolaus von der K[rae] diese Stelle der Bestattung. Seine Seele möge leben in Christus.

Kommentar:

Die Wiedergabe der Inschrift bei Gloël sehr verworren, außerdem fälschlich Kanonicus statt k(a)l(endas) noue(m)b(ri)s.

Schrift:

Gotische Minuskel

Nachweise

Literatur:

  • Gloël, Heinrich: Die alten Wetzlarer Grabsteine und Epitaphien, in: Mitteilungen des Wetzlarer Geschichtsvereins 9 (1925), S. 3-80, hier S. 4
  • Schaum-Benedum, Christa: Die figürlichen Grabsteine des 14. und 15. Jahrhunderts in Hessen, 1969, S. 208
  • Demandt, Karl E.: Das Chorherrenstift St. Peter in Fritzlar - Quellen und Studien zu seiner mittelalterlichen Gestalt und Geschichte, Marburg 1985
  • Luckhard, Fritz: Das Wetzlarer Necrologium von 1389, Wetzlar 1925

Personen:

Krae, Nikolaus der Ältere von der · Krae, Johannes von der · Krae, Dietrich von der · Krae, Elisabeth von der, geb. NN

Orte:

Fritzlar · Grünberg · Speyer

Sachbegriffe:

Kelche · Baldachine · Kreuze · Kreuze, lateinische · Ritzzeichnungen · Bleiguß · Alben · Kaseln · Männer · Geistliche · Kanoniker · Dekane

Bearbeitung:

Christa Benedum, Gießen, und Andreas Schmidt, HLGL

Zitierweise
„Nikolaus von der Krae der Jüngere (+ 1428), gesetzt 1385, Wetzlar“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1395> (Stand: 15.9.2008)