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Hessische Biografie

Portrait

Eugen Julius Richard Dyckerhoff
(1844–1924)

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Dyckerhoff, Eugen Julius Richard [ID = 3115]

* 8.5.1844 Mannheim, † 4.8.1924 Biebrich am Rhein, evangelisch
Dr.-Ing. eh. – Unternehmer
Biografischer Text

Eugen Julius Richard Dyckerhoff wurde am 8. Mai 1844 als fünftes Kind des Kaufmanns und späteren Industriellen Wilhelm Gustav Dyckerhoff (1805–1894) in Mannheim geboren [2]. Zunächst deutete wenig auf Eugen Dyckerhoffs spätere Pionierrolle im Bauwesen hin. Nach Abschluss der höheren Bürgerschule begann er 1860 eine kaufmännische Karriere mit einer Ausbildung in einem Mannheimer Kolonialwarengeschäft. Darauf folgten ab 1864 weitere kaufmännische Tätigkeiten bei einer Waffengroßhandlung und einer Reederei in Frankreich. Die Auslandsaufenthalte zeugen von Dyckerhoffs großbürgerlicher Herkunft, die seinen späteren Erfolg in der kapitalintensiven Betonindustrie beförderte. 1864/65 kam er bei einer mehrmonatigen Aushilfstätigkeit im väterlichen Zementwerk Dyckerhoff & Söhne beruflich in Kontakt mit dem Bauwesen. Er sammelte auf Geschäftsreisen Erfahrungen im Baumaterialienhandel und erhielt im Firmenlabor Einblicke in das technische Versuchswesen.

Im März 1866 wurde Dyckerhoff Gesellschafter der Zementwarenfabrik Lang & Cie. in Karlsruhe, die sein Vater ebenfalls mitbegründet hatte. Dies war der Ausgangspunkt für seine Karriere in der deutschen Betonindustrie. Nach dem Firmeneintritt von Dyckerhoffs Schwiegervater, dem einflussreichen Karlsruher Kaufmann Gottlieb Widmann (1817–1894), begann der Aufstieg der 1869 in „Dyckerhoff & Widmann“ umbenannten Firma zu einer international operierenden Betonbaufirma mit zahllosen Niederlassungen. Widmanns kaufmännische Erfahrung und Zugang zu Kapital waren wichtige Hintergründe für den Aufstieg. Die eigentliche Basis des Erfolgs bildete aber die von Dyckerhoff vorangetriebene Weiterentwicklung des in Deutschland kaum eingeführten Baustoffs Beton, die von umfassenden Werbemaßnahmen flankiert wurde. Der Erfolg machte die Firma Dyckerhoff & Widmann zum Modell für zahlreiche Unternehmensgründungen in den folgenden Jahrzehnten.

Die wirtschaftlich erstarkende Betonindustrie organisierte sich 1898 im Deutschen Beton-Verein. Es zeugt von Dyckerhoffs herausragender Stellung, dass er 1899 Vorsitzender des Vereins wurde und diese Position bis zum Rücktritt im Jahr 1911 behielt. Als Vorsitzender baute er den Verein zu einer schlagkräftigen Interessenvertretung aus und trieb die Versuchs- und Öffentlichkeitsarbeit für den Beton in größerem Rahmen voran. Die unter seiner Ägide aufgestellten Leitsätze (später: Bestimmungen) für Betonfertigteile und -bauweisen stärkten das Vertrauen von Bauherren, Planern und Genehmigungsbehörden.

Innerhalb der Firma baute Dyckerhoff seine führende Stellung nach dem Tod Widmanns 1894 weiter aus. Bei der Umwandlung der Firma in eine Aktiengesellschaft 1907 wurde er Aufsichtsratsvorsitzender und die von ihm geleitete Biebricher Niederlassung zum Hauptsitz. „In Anerkennung seiner hervorragenden Verdienste um die wissenschaftliche und praktische Förderung des Beton-und Eisenbetonbaues“ [4] erhielt Dyckerhoff neben weiteren gesellschaftlichen und akademischen Auszeichnungen im Jahr 1911 die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Berlin. Am 4. August 1924 starb er in Biebrich.

Aus: Knut Stegmann, Zu den deutschen Anfängen des Bauens mit Beton. Der Stampfbetonpionier Eugen Dyckerhoff (1844–1924), in: Beton- und Stahlbetonbau 106 (2011), Heft 6, S. 415 (mit freundlicher Genehmigung des Verfassers)


Literatur