Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Otto Herpel, Kriegszeit in einem hessischen Dorf in der Beschreibung des Pfarrers von Lißberg, 1914-1916

Abschnitt 10: Krieg und Aberglaube um einen alten Himmelsbrief

[32-34] Aber dazwischen ist doch von Anfang an der Wahn geschritten, der Aberglaube. Der Himmelsbrief aus Anno 66 und 70 feiert sein Auferstehungsfest. In Fetzen zerrissen, verschwitzt und mühsam zu lesen, hat ihn ein alter Veteran wieder ans Tageslicht gezogen. Er ist eine merkwürdige Mischung von Glauben, Selbstbetrug, Zauberei und Unbildung und lautet so:

Im Namen Gottes des Vaters des Sohnes und des heiligen Geistes. So wie Christus am Oelgarten stille Stand so soll alles Geschützt still stehen, wer dieses geschrieben bei sich hat, dem wird nichts schaden, wird nichts treffen, des Feindes geschütz und Waffen wird ihm nichts schaden. Er soll sich nicht fürchten vor Pistolen, Geschütz und Degen alle Gewehre müssen still stehe, alles sichtbare und unsichtbare, So wie man auch loshelfen durch den Betel und Tod Jesu, es müssen still stehen sichtbare [S. 33] und unsichtbare durch den Betel Michael. Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, Gott sei mit mir wer diesen Segen gegen den Feind bei sich hat der wird vor Gewehr und Geschütz bleiben, wer diesen nicht glauben will, der schreibe es ab hänge es einem Hund um den Halz und schieße ihn so werdet ihr sehen, daß es dem Hund nichts thut und war sey. Wer diesen Brief bei sich hat, der wird nicht gefangen, noch von des Feindes Geschütz getroffen werden. So wahr als Christus ist gestorben und gen Himmel gefahren, so auf Erden gewandelt hat kann nichts gestochen, geschossen oder verletzt werden. Fleisch und Gedärm alles soll ihm nicht beschädigt werden. Ich schwöre alle Gewehre und Waffen auf dieses Blatt. Im Namen des Vaters des Sohnes und des Heiligen Geistes dieser Brief ward in Holstein gefunden 1724. Er war mit golden Buchstaben geschrieben und schwebte über Tofa Lacla ( ? ) Zimsi (?) wie man ihn ergreifen wollte, weicht er zurück bis 1724 bis sich jemand den Gedanken währte ihn abzuschreiben. Ferner stand darauf wer am Sonntage arbeitet, der ist verdammt. Ihr sollt am Sonntage nicht arbeiten sondern zur Kirche gehen und mit Andacht beten Leben von Euerem Reichtum sollt ihr auch den Armen geben Ihr sollt nicht sein wie die unnützen Tiere Ich gebiete daß ihr den Sonntag Abend nicht so spät arbeitet Jedermann er sey wer er will Jung oder Allt soll für seine Sünde bitten daß sie ihm vergeben werde. Schwert nicht bei seinem Namen, begehrt nicht Silber oder Gold schämt euch nicht vor den Menschen bößes oder gegehrt (?) zu tun. So geschwind wie ich Euch verschaffen habe, so geschwind wer ich euch erschittern. Sey mit der Zunge nicht falsch ehre Vater und Mutter und rede nicht falsches Zeugnis wieder Deinen Nächsten das gebe dir Gesundheit und Frieden, wer dieses glaubt und darnach thut ist nicht verlassen und soll keine Hilfe haben wer diesen Brief (hat) und nicht offenbart der ist verlassen von der Christlichen Kirche Diesen Brief soll einer den andern abschreiben und wenn er auch so viel Sinde getan hat als es Sand am Meere [S. 34] und Laube an den Bäumen sind, so sollen sie ihm ergeben werden. Glaubt gewiß daß er (hilft?) und wer es nicht glaubt, soll es Todes sterben. Bekehrt euch, sonst kennt ihr ärgerlich bestraft werden. Ich werde am jüngsten Tage so ihr eines nicht erwartet (kommen) könnt ein jeglicher über seine Sünden bitten. Wer diesen Brief im Hause hat, dem soll kein Pein und Donnerwetter treffen und wenn eine Ehefrau diesen Brief hat wird sie liebliche Zeuge zu Welt bringen. Haltet die Gebote (die) ich durch meine Engel gesandt habe Im Namen Jesu Amen. (Hier Name des Inhabers.)

Ein Graf hatte einen Diener wollte seinen S B G H Vater das Haupt abschlagen lassen wie solches der Graf gesehen hat so hat er den Diener Gefragt wie solches zuging, daß ihm das Schwerd kein Schaden tun kann so hat der Diener diesen Brief gezeigt mit folgenden Buchstaben C I K B S B U Wie nun der Graf den Brief gesehen, hat er befohlen, daß jeder diesen Brief . . . . . . . (?) schaden thun und zufügen das sind heilige fünf Wunder K U T G H so bist du sicher daß kein solches Unheil H A S S Dir geschehen kann sacht wer diesen Brief bei sich hat kan kein Blitz kein Donner kein eine, kein Wasser schaden tun und wenn eine Frau gebähret und die Gebuhrt nicht rad ihr (?) Will, so gebe man ihr diesen Brief in die Hand, so wird sie bald gebähren und das Kind wird sehr glücklich werden. Wer diesen Brief bei sich hat ist besser als Geld Amen (Unterschrift des Inhabers).


Personen: Herpel, Otto
Orte: Lißberg
Sachbegriffe: Aberglaube · Veteranen · Himmelsbriefe
Empfohlene Zitierweise: „Otto Herpel, Kriegszeit in einem hessischen Dorf in der Beschreibung des Pfarrers von Lißberg, 1914-1916, Abschnitt 10: Krieg und Aberglaube um einen alten Himmelsbrief“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/89-10> (aufgerufen am 19.05.2024)