Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg


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Ernte der 3. Komp. im Herbst 1917

↑ Heinrich Schulz, Dienst und Leben hinter der Front, 1915-1917

Abschnitt 4: Versorgung der Kompanie, Wildschweinjagd

[288-289]
Dadurch, daß unser Regiment bodenständig war, konnten hinter der Front allerlei Anlagen geschaffen werden, die dem Mann im Graben manche Annehmlichkeiten boten. So hatte sich mit der Zeit jede Kompanie einen eigenen Gemüsegarten zugelegt, wodurch der Küchenzettel mannigfaltiger gestaltet werden konnte. Es gelang ja nicht immer, erstklassige Gartenerzeugnisse zu erzielen, zuweilen wurden doch Spitzenleistungen zuwege gebracht. So hatte eine Kompanie 1917 neben mehreren Kürbissen von 60 bis 70 Pfund auch einen solchen von annähernd 1 Ztr. geerntet. Eine Leistung, woraus der Gartenmeister nicht wenig stolz war. Hier und da wurde auch einmal eine Kuh gehalten, um verwöhnten Zungen Frischmilch zu liefern. Zur vermehrten Fleischbeschaffung wurden Kaninchen gezüchtet. Bei einem Stabe wurde auch einmal ein Borstentier hochgepäppelt. [S. 289] Als die Zeit heranrückte, daß es vom Leben zum Tode befördert werden sollte, war eines Morgens der Stall leer. Mit diesem Verschwinden des Tieres wurde das Wiederauftauchen eines Wehrmannes — seines Zeichens Fleischer — im Schützengraben in Zusammenhang gebracht! Daß das Suchen nach dem Verbleib des Tieres ohne Ergebnis blieb, war nicht anders zu erwarten; denn unter den „Suchenden" befand sich dieser Wehrmann!

Wenn die Gelegenheit sich bot, kam es auch vor, daß Einzelgänger oder auch kleinere Trupps sich auf eigene Faust Verbesserung ihrer Verpflegung verschafften. Das war natürlich strengstens verboten. Zu diesen verbotenen Dingen gehörte das Fischen mit Handgranaten. Das ging schnell und war erfolgreich, aber auch grausam. Denn es wurden hierbei nicht nur die verwendungsfähigen Fische getötet, sondern auch kleiner und kleinster Nachwuchs, sodaß mit der Zeit die Gewässer fischarm wurden. Platzte eine Handgranate im Wasser, so konnte man unmittelbar nach der Detonation die Fischleiber mit der Unterseite nach oben an der Oberfläche schwimmen sehen.

Auch wäre manch Ergötzliches von Wildschweinjagden zu erzählen. Ein Unteroffizier z.B., Landwirt von Beruf und leidenschaftlicher Jäger, hatte erfahren, daß drei Fahrer in der Nähe eines Waldes Grünfutter holen sollten. Mit einem franz. Karabiner bewaffnet, schloß er sich ihnen an. Während die drei das Futter mähen, erklettert er eine alte Jagdkanzel. Auf einmal tritt eine Bache mit drei Frischlingen sorglos auf die Weide. Ein Schuß kracht von der Kanzel, die Sau springt herum, sieht nach ihren Jungen und bemerkt jetzt auch die drei Soldaten und nimmt sie an. Diese retten sich auf ihren Wagen. In diesem Augenblick kracht ein zweiter Schuß, aufs Blatt getroffen überschlägt sich das Tier und ist erledigt. [...]


Personen: Schulz, Heinrich
Sachbegriffe: Fischfang · Gemüsebau · Handgranaten · Jagd · Nahrungsmangel · Schützengraben · Wildschweine
Empfohlene Zitierweise: „Heinrich Schulz, Dienst und Leben hinter der Front, 1915-1917, Abschnitt 4: Versorgung der Kompanie, Wildschweinjagd“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/55-4> (aufgerufen am 06.05.2024)