Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg


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Mobilmachungsanweisung für die Gemeindevorsteher, S. 14-15

↑ Mobilmachungsanweisung für die Gemeindevorsteher, 1904

Abschnitt 7: Seite 14-15

[14-15] 2. Die zweispännigen Geschirrzüge können nach Landessitte Kumt- oder Sielengeschirre — letztere mit Halskoppeln — sein. Sie müssen Zugstränge von Hanf oder Zugketten haben, ferner ist eine Kreuzleine von Hanf, Bandgurt oder Leder und eine Halfter nebst starkem, mit Zügeln versehenen Trensengebiß zum Einknebeln zu liefern. Sämtliche Geschirrteile müssen haltbar und in den Lederteilen geschmeidig sein.

3. An Wagenzubehör sind für jedes Fahrzeug mitzugestellen:

1 Wassereimer aus Holz oder Blech,
1 Achsschmierbüchse aus Blech für etwa 1 kg Wagenschmiere,
10 Bindestränge aus Hanf, 2 m 50 cm bis 3 in lang,
1 Handlaterne (Sturmlaterne für Lichte),
2 große Futtersäcke aus Drillich zu 1,5 Zentner Hafer.

4. An Geschirrzubehör sind mit jedem Paar Geschirren zu liefern:

2 Deckengurte,
2 Halfterketten, ungefähr 1 m 30 cm bis 1 m 70 cm lang und nicht über 1 kg schwer,
1 neue Kardätsche,
1 Train-(Fahr-)Peitsche.

Außer den vorstehend bezeichneten Fahrzeugen wird der Bedarf der Militärverwaltung an Selbstfahrern — soweit möglich mit zugehörigen Wagenführern — ausgehoben. Der Bestand der für militärische Zwecke geeigneten Kraftfahrzeuge dieser Art und die in Aussicht genommene Zweckbestimmung ist schon im Frieden festgestellt. Sofort nach Ausspruch der Mobilmachung erfolgt deren Beorderung nach bestimmten Sammelpunkten, wo die Abschätzung gemäß § 33, Abs. 2 des Kriegsleistungsgesetzes stattfindet.


8. Musterung und Aushebung der Militärpflichtigen

Bei Eintritt der Mobilmachung wird das etwa im Gange befindliche Musterungs- oder Aushebungsgeschäft sofort unterbrochen. Hat das Geschäft in dem Jahre noch nicht stattgefunden oder ist es unterbrochen, so findet nach Erledigung der noch dringlicheren Geschäfte (Einberufung der Personen des Beurlaubtenstandes, Pferdeaushebung usw.) mit möglichster Beschleunigung die Musterung und Aushebung der Militärpflichtigen durch die Ersatz- und die zu bildenden Hilfsersatzkommissionen statt. Die Abgrenzung ihres Geschäftsbereichs kann nach Bezirken oder den Anfangsbuchstaben der Namen erfolgen. Die Pflichten des Gemeindevorstehers hinsichtlich Führung der Stammrollen, Beorderung der Pflichtigen, Ermittelung der Ausgebliebenen usw. sind im allgemeinen

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dieselben wie im Frieden. Alle tauglich befundenen Mannschaften werden ausgehoben mit Ausnahme der zu Zuchthaus, mit Entfernung aus dem Heere oder der Marine und, während der Wirkung der Ehrenstrafe, der mit Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte Bestraften. Alle im Frieden ausgesprochenen Zurückstellungen verlieren ihre Gültigkeit; sie können jedoch durch die Ersatzkommissionen und zwar für die Zeit bis zur nächsten Musterung von neuem ausgesprochen werden. Bezüglich Reklamationen und vorläufiger Zurückstellungen siehe 5. Eine Losung findet nicht statt. Die vom Ausland oder von Schiffahrt zurückkehrenden Militärpflichtigen können außerterminlich gemustert werden. Brotlose Rekruten, außerterminlich Gemusterte und unsichere Dienstpflichtige dürfen durch das Bezirkskommando jederzeit einem bestimmten Ersatztruppenteile zur Einstellung überwiesen werden. Mannschaften der seemännischen oder halbseemännischen Bevölkerung werden von ihm sofort dem nächsten in Betracht kommenden Marineteil überwiesen.

Ist nach der Kriegslage die regelmäßige Abhaltung des Ersatzgeschäftes nicht angängig, so werden durch das stellvertretende General-Kommando vermittels öffentlicher Bekanntmachung die Wehrpflichtigen der zur Musterung oder Einberufung bestimmten Altersklassen nach anderen gesicherten Orten einbeordert. Die Mittel hierzu sind den Pflichtigen im Bedarfsfall nach den für Rekruten giltigen Bestimmungen von den Gemeinden vorschußweise zu gewähren.

Nach ausgesprochener Mobilmachung können von allen Ersatztruppenteilen Freiwillige jederzeit angenommen und eingestellt werden, auch auf Kriegsdauer (Kriegsfreiwillige), Wehrpflichtige der seemännischen Bevölkerung aber nur bei der Marine.


9. Kriegsleistungen im allgemeinen.

Die Verpflichtung zu Kriegsleistungen tritt mit dem Tage der Mobilmachung ein; beschränkt sich die Mobilmachung auf einzelne Abteilungen der bewaffneten Macht, so tritt diese Verpflichtung nur bezüglich der mobil gemachten, verstärkten oder in Bewegung gesetzten Teile derselben sowie zur Herstellung der notwendigen Verteidigungsanstalten ein. Die Leistungen sollen nur insoweit in Anspruch genommen werden, als für die Beschaffung der Bedürfnisse nicht anderweitig, insbesondere nicht durch freien Ankauf bzw. Barzahlung oder durch Entnahme aus Magazinen gesorgt werden kann. Für die Leistungen wird nach festen Grundsätzen Vergütung gewährt. Dem Reiche gegenüber sind zu Kriegsleistungen verpflichtet die Gemeinden, die Eisenbahnen, die Besitzer von Pferden, die Besitzer von Schiffen und anderen Wasserfahrzeugen, endlich die Kreise als Lieferungsverbände.


Empfohlene Zitierweise: „Mobilmachungsanweisung für die Gemeindevorsteher, 1904, Abschnitt 7: Seite 14-15“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/100-7> (aufgerufen am 03.05.2024)