Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Fragebogen Hessen-Nassauisches Wörterbuch

Beschreibung

Beispielseite aus einem Fragebogen

Vorbemerkung

Die Fragebogen, die im Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas neben dem Belegzettelarchiv die Grundlage für die Bearbeitung der Wortartikel des Hessen-Nassauischen Wörterbuchs bilden, werden hier als digitale Faksimiles in unbearbeiteter und ungekürzter Form zur Verfügung gestellt. Sie stammen überwiegend aus der Zeit von ca. 1912 bis 1934 und beruhen auf Angaben von Freiwilligen. Viele Formulierungen und Inhalte sind von zeitgenössischen gesellschaftlichen bzw. politischen Haltungen geprägt. Sie spiegeln persönliche Anschauungen und Überzeugungen der Gewährspersonen wider. Das Hessische Institut für Landesgeschichte und das Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas in Marburg distanzieren sich nachdrücklich von allen diffamierenden und anderweitig herabwürdigenden Äußerungen, die im Quellenmaterial der Sammlungen des Hessen-Nassauischen Wörterbuchs begegnen.

Digitalisierung und Erschließung

Das Archiv des Hessen-Nassauischen Wörterbuchs umfasst mehr als dreihunderttausend lemmatisierte Belegzettel mit ca. 1,5 Millionen Einzelnachweisen sowie rund 6.500 von Gewährspersonen beantwortete Fragebogen. Den Kernbestand dieser Datenklasse bilden 69 Fragebogenrunden, die während der Jahre 1914 bis 1926 partiell im Wörterbuchgebiet durchgeführt worden sind, sowie Fragebogen des Rheinischen Wörterbuchs, die nach einer Festlegung des Erhebungs- und Bearbeitungsgebietes mit dem Hessen-Nassauischen Wörterbuch im Austausch hinzugekommen sind. Ein breitgefächertes Spektrum der Fragen zu Familie und Alltagsleben, Volkskunde, Kulturgeschichte und Natur sollte den vorhandenen Dialektwortschatz sowie Lieder, Reime, Wetter- und Bauernregeln erfassen. Zur Anwendung kamen dabei sowohl semasiologische als auch onomasiologische Fragestellungen, konkret wurden z. B. Wortlisten abgefragt oder Skizzen, z. B. eines Webstuhls, vorgegeben, deren Bestandteile die Gewährspersonen benennen sollten. Schließlich ergab sich für die Bearbeiter des Wörterbuchs auch mitunter die Möglichkeit, Wortformen in bestimmten Regionen direkt bei den Informanten vor Ort abzufragen, um genauere Informationen über deren Verteilung im Raum zu erhalten. Die Veröffentlichung einzelner Fragebogen in regionalen Zeitschriften mit der Bitte um Mithilfe führte dazu, dass auch für Orte, die nicht Bestandteil des ursprünglich festgelegten Ortsnetzes waren oder sogar außerhalb des Bearbeitungsgebietes lagen, Antworten eingingen. Der Gesamtbestand beläuft sich auf zirka 19.000 ausgefüllte Fragebogenseiten mit 3.545 unterschiedlichen Fragen bzw. Aufgabenstellungen.

Die Angaben in den eingegangenen Fragebogen wurden in der Arbeitsstelle des Hessen-Nassauischen Wörterbuchs ausgewertet und verzettelt. Es sind dabei aber nicht alle enthaltenen Informationen in die Zettelkartei übernommen worden, sondern in Auswahl. Damit enthalten die Fragebogen bis heute Informationen, die nicht über die Zettelkartei erschlossen sind. Da für das Verfassen von Wörterbuchartikeln die Fragebogen immer wieder benutzt werden müssen, ist ein Teil der Fragebogen inzwischen in einem kritischen Erhaltungszustand. Hinzu kommen Fragebogen, deren Papier von schlechter Qualität ist oder einen hohen Holzanteil haben. Die Digitalisierung der Fragebogen war eine dringliche Maßnahme zur Sicherung und zum Schutz der Originale, die nicht nur zu einer Beschleunigung der Artikelbearbeitung führt, sondern auch die Möglichkeit einer Veröffentlichung im Landesgeschichtlichen Informationssystem des Hessischen Instituts für Landesgeschichte (LAGIS). Interessierten steht nunmehr für ganz unterschiedliche Fragestellungen das gesamte Fragebogenmaterial zur Verfügung. Durch die großzügige Förderung der G. und I. Leifheit Stiftung konnte dieser Bestand digitalisiert werden. Die Förderung beinhaltete auch die umfassende Erschließung des Materials. Ihre Ergebnisse sind über dieses Modul zugänglich.

Diese Erschließung ist notwendig, da die Fragebogen nicht immer einfach zu benutzen sind. Ein Teil der Fragebogen besteht aus handschriftlichen oder mit der Schreibmaschine getippten Matritzen, die wegen der mangelhaften Qualität des Abzugs oder der nur schwer lesbaren Handschrift nur mühsam zu entziffern sind. Bei einem Teil der Fragebogen ist nicht nur der Fragebogen selbst ausgefüllt worden, sondern es wurden auch noch die Antworten auf Fragen aus ein oder zwei oder drei vorherigen Fragebogen dazugeschrieben. Ein Sonderfall sind die Fragebogen für die Kreise, die von Einzelbearbeitern für das gesamte Kreisgebiet erhoben wurden. Diese Fragebogen bestehen aus einer Lage von Doppelseiten mit den Fragen, in denen die Antworten aus den Belegorten tabellarisch eingetragen wurden. Durch Aufrufe in Zeitschriften zur Mitarbeit zur Ergänzung des Wörterbuchmaterials finden sich auch freie Einsendungen, die teilweise nur einige Fragen eines bestimmten Fragebogens beantworteten. In einem Teil der Fragebogen werden neben den Antworten für einen bestimmten Ort zusätzlich vom Aussteller des Bogens abweichende Formen von Wörtern oder Redensarten aus dem Nachbarort oder aus dem Herkunftsort des Ausstellers angegeben.

Im Rahmen der Erschließung wurde ein Ortsregister erstellt. Es verzeichnet alle Orte des Bearbeitungsgebiets des Hessen-Nassauischen Wörterbuchs nach dem Gebietsstand des Jahres 1914 sowie alle Orte außerhalb des Wörterbuchgebiets, für die ausgefüllte Fragebogen vorliegen. Zu den enthaltenen Angaben gehören die Kreiszugehörigkeit im Jahr 1914, die im Wörterbuch verwendeten Orts- und Kreissiglen, die heutige Zugehörigkeit zu Landkreisen und Gemeinden, Ortskennzahlen und andere Identifikatoren wie die Geonames-ID sowie Hinweise auf Namensänderungen, die sich etwa durch Verwaltungsreformen oder die Anerkennung des Bäderstatus ergeben haben. Das Ortsregister enthält zudem die Namen der Gewährspersonen und Aussteller der Fragebogen, die für jedes einzelne Exemplar erhoben und verzeichnet wurden. Bei aller Sorgfalt kann es durchaus vorkommen, dass einzelne Anmerkungen zu (einer) abweichende(n) Form(en) in einem andern Ort, unentdeckt geblieben sind. In solchen Fällen sind Hinweise willkommen, da sie zu einer genaueren Erschließung des Gesamtmaterials führen. Insgesamt beinhaltet das Ortsregister rund 32.000 Einzelinformationen. Die auf der Basis des Ortsregisters erstellte Datenbank bildet die Grundlage für verschiedene Einstiege und Recherchemöglichkeiten.


Recherchemöglichkeiten

Übersicht

Die → Übersicht führt sämtliche Fragebogen auf. Diese können durch Anklicken ihres hervorgehobenen Titels direkt aufgerufen werden. Die Anzeige der Fragebogen-Digitalisate erfolgt mithilfe des DFG-Viewers. Der Link Weitere Informationen eröffnet den Zugang zu den enthaltenen Fragen und zusätzlichen Angaben. Beispiel → Fragebogen 1: Ortsnamen, um schlechtes Wetter zu bezeichnen.

Einfache Suche

Die → Einfache Suche erlaubt die Recherche nach Namen von Orten, Verwaltungseinheiten, Gewährspersonen, nach Orts- und Kreissiglen, Berufsangaben oder Begriffen und Phrasen aus Fragen:

  • welche Fragebogen wurden aus Neukirchen (Altkreis Hünfeld) beantwortet (→ Neukirchen Hünfeld)?
  • in welchen Fragebogen haben Gewährspersonen die Berufsangabe → Lehrer gemacht?
  • welche Fragebogen wurden von → Christian Kappus beantwortet?
  • welche Fragebogen, in denen nach → Reimen oder → Redensarten gefragt wird, liegen beantwortet vor?
  • in welchen Fragebogen, zu denen Antworten aus dem Dillkreis eingegangen sind, wird nach Redensarten gefragt (→ Dillkreis Redensarten)?

Kreise

Der Zugang über die → Kreise führt zu alphabetischen Listen aller Altkreise (Stand 1914) und modernen Landkreise, über die ein einfacher Zugriff auf die zugehörigen Orte möglich ist. Von dort aus sind weitere einschlägige Angaben erreichbar. Auch werden die aus den fraglichen Orten beantworteten Fragebogen aufgeführt. Beispiel → Altkreis Ziegenhain, Beispielort → Treysa.

Registersuche

Über die → Registersuche können alphabetische Verzeichnisse aller erschlossenen → Orte und → Gewährspersonen aufgerufen werden. Die Auswahl eines Eintrags eröffnet den Zugang zu weiteren Angaben. Auch können die einschlägigen Fragebogen direkt aufgerufen werden.


Danksagung

Die Realisierung des Moduls Fragebogen Hessen-Nassauisches Wörterbuch wäre nicht möglich gewesen

  • ohne die selbstlose und ehrenamtliche Sammeltätigkeit der überaus zahlreichen Gewährspersonen
  • ohne die engagierte und konstruktive Mitarbeit von Luisa Gerstweiler und Karla Gutberlet, die für die inhaltliche Erschließung der rund 19.000 Digitalisate verantwortlich zeichneten.

Ihnen sei an dieser Stelle mit großem Nachdruck gedankt.


Kontakt

Dr. Nathalie Mederake
Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas
Pilgrimstein 16
35032 Marburg
E-Mail: nathalie.mederake@uni-marburg.de