Contemporary History in Hessen - Data · Facts · Backgrounds
Erste Vertrauensleute des Metallarbeiter-Verbandes in Offenbach, 1903
In Offenbach am Main nehmen in diesem Jahr in den Betrieben der Metallindustrie die ersten Vertrauensleute des freigewerkschaftlichen Deutschen Metallarbeiter-Verbandes ihre Tätigkeit auf.
Der erste gewerkschaftliche Industrieverband
Der Deutsche Metallarbeiter-Verband (DMV) wurde auf dem vom 1. bis 6. Juni 1891 abgehaltenen Metallarbeiterkongress in Frankfurt am Main gegründet. Eine Voraussetzung zu seiner Gründung war die Aufhebung des bis Ende 1890 geltenden Sozialistengesetzes („Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“), das sozialdemokratische Organisationen und ihnen nahe stehende Gewerkschaften verbot, und seit Oktober 1878 in Kraft stand. Formale Grundlage der Gründung des Verbandes war ein von dem deutschen Reichstagsabgeordneten und Sozialdemokraten Martin Segitz (1853–1927) und seinen Mitarbeitern verfasster Statutenentwurf für eine „Metallarbeiter-Union“. Der Entwurf rief alle „in der Metallindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen“ zum Beitritt auf, und überzeugte den Großteil der 1891 an dem Kongress in Frankfurt teilnehmenden Vertreter der Berufs-Fachorganisationen. Schließlich erhielt der Verband den Namen „Allgemeiner deutscher Metallarbeiterverband“ (DMV), als Verbandssitz wurde Stuttgart gewählt.
Allerdings schließen sich nicht alle Branchenorganisationen unmittelbar dem DMV an. So bleiben zum Beispiel die in den Gießereien tätigen Former bis 1901, die Schmiede sogar bis 1912 unabhängig. Auch lokal können sich verschiedene, oft gemischte Metall-Branchenorganisationen erst mit Verspätung für einen Anschluss an den DMV entscheiden.
Vorbildfunktion und vielfältige Aufgaben
Die Gründung des DMV als Industriegewerkschaft hat Vorbildcharakter für die gesamte deutschen Gewerkschaftsbewegung. Aufgabe des Verbandes ist, durch den Abschluss von Tarifverträgen die Löhne, aber auch die Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen der Metallarbeiter zu regeln und zu verbessern. Seine Organisation stellt ein weit verzweigtes Unterstützungswesen bereit, dass den Mitgliedern in Notsituationen wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit hilft. Eine zentrale Bedeutung besitzt der DMV für die Planung und Durchführung von Bildungsveranstaltungen für die Metallarbeiterschaft. Überdies gewährt der Verband den Metallarbeitern Rechtsschutz bei Auseinandersetzungen mit Arbeitgebern und schult Betriebsräte in der effektiven Vertretung der Interessen der Belegschaft.
(KU)
- Records
- Hans-Georg Ruppel/Otto Schlander, Offenbacher Regesten 1901–1989, Offenbach am Main 1990, S. 12
- Johann Scherm, Deutscher Metallarbeiter-Verband, via Digitale Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, URL: http://library.fes.de/cgi-bin/ihg2pdf.pl?vol=1&f=390&l=395 (eingesehen am 4.3.2015).
- Additional Information
- Kurt Thomas Schmitz, 100 Jahre Industriegewerkschaft: 1891 bis 1991. Vom Deutschen Metallarbeiter-Verband zur Industriegewerkschaft Metall; ein Bericht in Wort und Bild, hrsg. vom Vorstand der Industriegewerkschaft Metall, Köln 1991.
- Günther Gerstenberg, Deutscher Metallarbeiter-Verband (DMV), 1891-1933, publiziert am 13.7.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns (eingesehen am 3.3.2022)
- Wikipedia: Deutscher Metallarbeiter-Verband (eingesehen am 31.1.2015).
- Wikipedia: Sozialistengesetz (eingesehen am 4.3.2015).
- Recommended Citation
- „Erste Vertrauensleute des Metallarbeiter-Verbandes in Offenbach, 1903“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/edb/id/2094> (Stand: 26.11.2022)
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