Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Medieval Glass Paintings in Hessen

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Vier Propheten, Christus am Ölberg, Christus und Petrus (Oppenheim · Katharinenkirche)

Oppenheim · Katharinenkirche (Lage anzeigen) → Langhausfenster nord XI
Basic Data | Katalog | Indices | Illustrations
Basic Data
ID:

134-1-08-01

Volume:

III/1

Katalog Seite(n):

340 ff.

Nr.:

1–5a–f

Title:

Vier Propheten, Christus am Ölberg, Christus und Petrus (Oppenheim · Katharinenkirche)

Annotation:

H./B.: 1a–f: 66–67/54–55 cm; 2–4a–f: 63–65/54–55 cm; 5a, c, d, f: 47–48/54–55 cm; 5b, e: 83/54–55 cm.

Dating:

um 1340/50

Zuordnung:

Oppenheim · Katharinenkirche » Langhausfenster nord XI

Katalog

Inschriften

Auf den Spruchbändern der Propheten und der beiden Figuren Christi überlieferte Müller 1823–1829, Bl. 37, folgende, bei der Restaurierung 1843–1845 gänzlich erneuerte, in Majuskeln ausgeführte Inschriften: 3a: <+ PROFET>; 3b: <+ PREDE VM · M SI ·>; 3/4d: <TRANSFER · CALICEM · HVNC · A · / ME> (Mc 14,36); 2–4f: <ET / EGO · DICO · TIBI · EDIFI-CABO / ECCMO> (nach Mt 16,18).

Erhaltung

Wie alle anderen Fenster der Langhaus-Nordseite ist auch das Fenster n XI 1843–1845 von der Werkstatt Usinger, Mainz, in seinen unteren Partien nach Vorgaben Franz H. Müllers ergänzt worden. Müller zufolge war es zu Beginn des 19. Jh. »noch so erhalten, daß es mit wenig Zusätzen auf dem Papier restaurirt werden konnte« (Fig. 230); lediglich die Figur des Engels in 2/3c, der Körper Christi in 2d und die Figur Petri in 2/3e scheinen gefehlt zu haben259. Gleichwohl wurden die unteren Zeilen im 19. Jh. bis auf Höhe der Architekturbekrönungen fast vollständig erneuert. Die originalen Teile beschränken sich im Wesentlichen auf die Zeilen 4 und 5, in denen allein die Felder 4e und 5a erneuert sind; hier, wie auch an den wenigen originalen Gläsern in 3a, 2/3b, 3d und 2/3f, sind an den roten, violetten und grünen Gläsern Lochfraß und z.T. auch flächige Korrosionsprodukte zu beobachten. Der Anteil an Ergänzungen aus der Restaurierung der 1960/70er-Jahre ist im Großen und Ganzen gering und betrifft größtenteils nur die Scheiben der Zeilen 4 und 5.

Ikonografie, Rekonstruktion, Komposition

Inwieweit die zentralen Bildgegenstände des Fensters von Müller zuverlässig überliefert und rekonstruiert worden sind, ist am Bestand selbst nicht mehr festzustellen. Jedenfalls fügen die Darstellungen sich weder zu einer formalen, auf die gebaute wie auf die gemalte architektonische Gliederung abgestimmten Einheit zusammen (s.u.), noch ergeben sie in ihrer Zusammenstellung – links Propheten, »als welche von Jesus Christus vorzüglich geweissagt haben«260, in der Mitte sodann Christi Gebet am Ölberg, rechts schließlich Christus und Petrus (Gründung der Kirche) – einen offenkundigen Sinn. Zwar ist von Ivo Rauch vermutet worden, dass letztere Darstellung einen Bezug zur Gründung des Stifts St. Katharina durch Peter von Aspelt (1317) und zum Bau des Langhauses der Kirche auf Betreiben der Mainzer Erzbischöfe gehabt hat, insofern, als in der Sockelzone des Fensters u.a. eine Darstellung zu sehen gewesen sei, in der mit dem Bild eines Bischofs und eines Mönchs unmittelbar der Stiftsgründung gedacht wurde261; diese Darstellung, die allein in einer Beschreibung von Johann H. Andreae überliefert ist, muss sich jedoch im Lhs.-Fenster n VIII befunden haben und kann hier nicht zur Deutung herangezogen werden (vgl. Anhang S. 406f.). Die Fensterarchitektur mit ihrer Zweiteilung in je drei Bahnen wird in den gemalten, die Dreierbahnen überspannenden Baldachinen aufgenommen und akzentuiert (a-b-a / a-b-a). Die Baldachine scheinen somit für Einzelfiguren oder szenische Darstellungen konzipiert gewesen zu sein, die in Dreiergruppen zusammengefasst waren. Die kritische Stelle der Komposition ist daher die Ölberg-Szene, die als isolierte Darstellung außerhalb eines Passionszyklus zu jener Zeit unbekannt ist und in ihrer alle räumlichen Grenzen negierenden Anlage zudem fragwürdig erscheint262. Da Müller nicht expressis verbis mitteilt, dass das Spruchband mit dem Vers aus dem Markus-Evangelium vorhanden war, ist die Möglichkeit, dass die Scheibe mit dem offenbar allein erhaltenen Kopf Christi aus einem anderen Kontext stammte und Müller zu einer falschen Deutung veranlasst hat, nicht auszuschließen263. Vermutlich lag hier, in den Bahnen c und d, der Schlüssel zum Verständnis der ganzen Komposition – unter der Voraussetzung, dass sowohl die Propheten als auch die Darstellung der Gründung der Kirche durch Christus auf Petrus vertrauenswürdig sind. Thematisch könnte das Fenster sich somit auf eine Gegenüberstellung von Altem und Neuem Bund konzentriert haben, auch wenn seine Gesamtkomposition nicht mehr zu erschließen ist264. Was dabei die Figuren von Christus und Petrus betrifft, kann auf Darstellungen der Schlüsselübergabe verwiesen werden, wie sie z.B. in zwei mutmaßlich aus Köln stammenden Scheiben der Zeit um 1315/20 in New York erhalten ist265. Wie im benachbarten Fenster n X sind die Architekturbekrönungen ökonomisch nach nur vier Kartons – je zwei für die Bahnen a, c, d und e bzw. für die Bahnen b und e – gefertigt worden. Es handelt sich um fragile, seitlich wohl auf gedrehten Säulchen und Stäben ruhende Baldachine mit Gewölbeansätzen, die jeweils drei Bahnen überspannen. Das verbindende Element ist eine Art Zwerggalerie mit aufgesetzten Zinnen. In 4a+c und in 4d+f buchtet sie jeweils nach vorne aus und wird dort von Türmchen bekrönt; in 4b und 4e mündet sie in ein – hinter einem Maßwerkvorhang verstecktes – Gewölbe, das von einem pyramidalen Turmhelm überfangen wird; der Turmhelm wird seinerseits von viereckigen Türmchen flankiert, die auf einer luftigen, in die Tiefe fluchtenden, reich profilierten Säulenarchitektur stehen. Zur Herkunft der Motive s.o. S. 322.

Ornament, Farbigkeit

Abweichend von der formalen Gliederung der Fensterarchitektur sind die Hintergründe gestaltet. Sie zeigen zwar in allen Bahnen stets das gleiche Ornament – ein Scherengitter mit hellen Kreuzungspunkten, das Karos mit jeweils einem Quadrat oder Rechteck und vier daran anschließenden Halbkreisen ausbildet (Muster III,8) –, doch wechselt dessen Farbe im stetigen Rhythmus a-b-c / a-b-c von Grün über Rot nach Violett. Grüne und violette Elemente – Gewölbe, Sockel, Profile, Turmhelme – enthalten auch die gemalten Baldachinarchitekturen, deren lichte Grundfarben Weiß und Gelb sind. In den figürlichen Partien sind nur kleine Teile des roten Futters und die gelbe Schließe vom Umhang Christi (2/3f) erhalten.

Bildnachweis:

CVMA G 9258–9287 (vR), A 10136–10165 (nR), Großdia A 161–171 (nR)

Indices
Iconclass:

73D31 = Gethsemane, Mount of Olives, 'Oelberg' (Matthew 26:36-56; Mark 14:32-52; Luke 22:39-53; John 18:1-12) · 71O = prophets (before and during the Babylonian Captivity) · 48A98(+2)

Keywords:

Inschriften · Majuskeln · Architekturbekrönungen · Engel · Baldachine · Scherengitter · Propheten · Ölberg

Persons:

Petrus <Apostel> · Jesus Christus

Illustrations

Picture Credits

  1. Architekturbekrönung. Lhs. n. XI, 4b. Mittelrhein, um 1340/50 – CVMA Band III/1, S. 599 Abb. 177.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Andrea Gössel)
  2. Vier Propheten, Christus am Ölberg, Christus und Petrus: ES [= Erhaltungsschema] Lhs. n XI [hier: 1-5a-f] – CVMA Band III/1, S. 341 Fig. 255.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Rainer Wohlrabe)
  3. Architekturbekrönung. Lhs. n. XI, 4a. Mittelrhein, um 1340/50 – CVMA Band III/1, S. 599 Abb. 176.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Andrea Gössel)
  4. Architekturbekrönung. Lhs. n. XI, 5a. Mittelrhein, um 1340/50 – CVMA Band III/1, S. 599 Abb. 176.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Andrea Gössel)
  5. Architekturbekrönung. Lhs. n. XI, 5b. Mittelrhein, um 1340/50 – CVMA Band III/1, S. 599 Abb. 177.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Andrea Gössel)

Langhausfenster nord XI: weitere Scheiben

Recommended Citation
„Vier Propheten, Christus am Ölberg, Christus und Petrus (Oppenheim · Katharinenkirche)“, in: CVMA Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/cvmahessen/id/134-1-08-01> (aufgerufen am 11.05.2024)