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Hessian Biography

Portrait

Balthasar Schrautenbach
(um 1465–1529)

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GND-ID

103151303

Schrautenbach, Balthasar [ID = 21193]

* um 1465 Würzburg, † 1529 Ziegenhain
Jurist, Geheimer Rat
Other Names | Activity | Family Members | References | Life | Citation
Other Names

Other Names:

  • Von Weitolshausen gen. Schrautenbach, Balthasar
  • Von Weitolzhausen, Jörg
Activity

Career:

  • 1481 immatrikuliert an der Universität Heidelberg
  • 1486 Schreiber des Hofmeisters Hans von Dörnberg
  • im selben Jahr Kleriker des Würzburger Bistums und kaiserlicher Notar
  • 1491 von Landgraf Wilhelm III. zum Rentmeister in Gießen auf Lebenszeit bestellt
  • seine Funktionen sind die eines Geheimen Rates, so entsendet ihn der Landgraf 1493 zum Kaiser, 1495 auf den Wormser Reichstag und 1498 an den päpstlichen Stuhl nach Rom
  • in der Folge Verwendung in weiteren wichtigen politischen Missionen
  • 1505 Burgmann in Gießen, 1508 Rentmeister und 1509 Amtmann daselbst
  • gehörte zu den engsten und klügsten Beratern der Landgräfin Anna, nachdem diese 1508 zur Vormünderin Landgraf Philipps eingesetzt worden war
  • maßgeblich an der Durchsetzung der landgräflichen Macht beteiligt
  • behielt auch im ersten Jahrzehnt der Regierung Landgraf Philipps eine führende Rolle
Family Members

Father:

Schrautenbach, Hans

Partner(s):

  • Löber, N.N., Tochter des Nikolaus Löber, Bürger in Gießen

Relatives:

  • Rotsmaul, Anna <Tochter>, seit 1518 verheiratet mit Caspar Rotsmaul, Patrizier in Alsfeld
References

Sources:

Bibliography:

Life

Aus Würzburg, Sohn des Hans Schrautenbach1, immatrikuliert Heidelberg 1481 Februar 252; angeblich seitdem in hessischen Diensten3, jedenfalls 1486 Februar 9 Schreiber des Hofmeisters Hans von Dörnberg4. 1486 Juli 27 Kleriker des Würzburger Bistums und kaiserlicher Notar5. 1488 April 29 quittiert er dem hessischen Kammerschreiber Johann Fleck über den Empfang von 1000 fl. in Gold6. Wird 1491 Juli 3 von Landgraf Wilhelm III. zum lebenslänglichen Rentmeister auf eigene Kost in Gießen bestellt mit der Auflage, sich mit einem reisigen Pferd gerüstet zu halten, in unser heymlichen sachen und rathe ewige Verschwiegenheit zu wahren und den Dienst des Fürstentums niemals zu verlassen. Der Landgraf überträgt ihm das Gießener Rentmeisteramt mit allen bisherigen Freiheiten, Gerechtigkeiten und Nutzungen, bessert jedoch seinen Geldlohn auf 42 fl. in Gold, damit er einen Knecht halten kann, gibt ihm jährlich 12 MI. Hafer zu seinem reisigen Pferd, dazu zweimalige Hofkleidung und verspricht ihm, wenn er heiratet, für sich und seine Frau lebenslängliche Freiung, dazu für Dienste außerhalb seines Amtes Kost, Futter und sonstige Notdurft sowie Ersatz seines reisigen Schadens7. Gemäß dieser Bestallung, die bereits eindeutig seine hohe Wertschätzung zu erkennen gibt, hat er die Funktion eines geheimen Rates schon seit 1491 ausgeübt8. Dieser Position entspricht seine Verwendung: 1493 entsendet ihn der Landgraf zum Kaiser9, im März 1495 auf den Wormser Reichstag10 und 1498 an den päpstlichen Stuhl nach Rom, um über die Reform der hessischen Klöster zu verhandeln11. Unter Landgraf Wilhelm II. behält er seine hervorragende Position, ist 1504 während der Pfälzer Fehde erfolgreich im königlichen Lager für den Landgrafen tätig12 und wird seitdem ständig in wichtigen politischen Missionen verwendet13. 1505 November 13 nimmt Landgraf Wilhelm seinen Rat und Amtmann zu Gießen in Betracht seiner getreuen, nützlichen und willigen Dienste, die er ihm zu mehreren Malen gehorsam und unverdrossen geleistet hat, zum Burgmann in Gießen an und verleiht ihm die Burgmannsfreiheit14. 1507 Dezember 17 belehnt ihn der Landgraf, abermals unter Betonung seiner getreuen, fruchtbaren und angenehmen (annemigen) Dienste, mit den ledig gewordenen Lehen Isenbergs und Heinrich Stumpfs von Asbach15. Zur gleichen Zeit ist Schrautenbach an der Reform der Stiftes Hersfeld beteiligt16. Rentmeister in Gießen wird er 1508 Dezember 1317, Amtmann daselbst 1509 Juli 21 genannt18. Seitdem Landgraf Wilhelm II. seine Gemahlin, Landgräfin Anna d. J., im Testament von 1508 Januar 29 zur Vormünderin Landgraf Philipps und damit als Regentin für ihn eingesetzt hatte, gehört er zu ihren engsten Vertrauten und klügsten Beratern19. Nach Verdrängung der Landgräfin Anna durch die ständische Opposition wird Schrautenbach [im Oktober 1509] von den Regenten seines Amtes in Gießen entsetzt, der ihm von Landgraf Wilhelm 1507 verliehenen Lehen beraubt und zeitweise gefangen gesetzt20, begleitet aber schon im November 1509 Landgräfin Anna zum Mühlhäuser Schiedstag mit den Regenten vor den Räten der sächsischen Herzöge als Obervormündern21. Rat der Landgräfin 1510 August 2022, die ihn 1510 September 11 als ihren Rat und Amtmann bezeichnet23. Im Kampf der Landgräfin Anna gegen die Regenten in den folgenden Jahren ist er neben Hermann Riedesel ihr wichtigster und gewandtester Helfer24, weshalb man immer wieder von der Gegenseite seine Absetzung verlangt, ja ihm mit dem Tode droht25; doch gelingt es nicht, ihn zu stürzen. Den Höhepunkt seiner politischen Laufbahn stellt seine Verhandlungsführung auf dem Kasseler Landtag vom März 1514 dar, der den Sturz der Regenten besiegelt, der Landgräfin wiederum zum Regiment verhilft26 und damit den Weg zum hessischen Fürstenstaat des 16. Jahrhunderts freimacht. Diese Leistung der Landgräfin (das ist ein stolzes weib), Schrautenbachs (er hat den adel verdrungen) und Riedesels (regirn das Hessenland!) ist bis ins Lied gedrungen27 und erklärt, daß Schrautenbach auch noch im ersten Jahrzehnt der Regierung Landgraf Philipps eine führende Rolle spielt28. Im September 1514 geht er zur Vorbereitung der Verhandlungen Annas mit Kaiser Maximilian über die Obervormundschaft der sächsischen Herzöge an den kaiserlichen Hof29, wird 1516 April 3 aber gleichwohl noch immer als Amtmann zu Gießen, nun aber auch zu Rotenburg bezeichnet30, erhält aber 1516 Oktober 8 von der Landgräfin aus besonderer Gnade eine in Gießen fällige Rente von 25 fl., die er allerdings in den ersten 20 Jahren als Armenspende austeilen muß31. – V. Weitolshausen gen. Schrautenbach nennt er sich spätestens seit 1515 Oktober 2232. Er war mit einer Tochter des Gießener Bürgers Nikolaus Löber verheiratet33 und hinterließ mindestens sechs Söhne34, als ihn der Tod inmitten seiner Dienstgeschäfte als Hofrat 1529 [vor Mai 20] auf seiner Reise zum Nürnberger Tag in Ziegenhain überraschte, wo er auch bestattet wurde35.


  1. Schenk zu Schweinsberg, Landgraf Philipp S. 88 bringt Näheres über seine Herkunft aus einer Arnsteiner Bürgerfamilie. Über seinen Aufstieg in den Adel vgl. unten Anm. 32.
  2. Gundlach III S. 243 (nach der Heidelberger Matrikel: Balthazar de Herpipoli).
  3. Auf dem Mühlhäuser Schiedstag vom November 1509 behauptet Schrautenbach, er habe seit 28 Jahren den Fürsten von Hessen gedient (Glagau, Landtagsakten S. 63), was die Regenten mit der Behauptung bestreiten, er sei nicht 28, sondern nur 8 Jahre im Dienste des Landgrafen gewesen (ebd. S. 96), was eine unaufrichtige Entgegnung war, denn sie übersah bewußt, daß Schrautenbach schon lange vorher eine landgräfliche Bestallung hatte (siehe Anm. 5, 6).
  4. Rechn. I, Driedorf (39/16 Bl. 18v.): nur Vorname. Aus dem gleichen Jahr stammt ein ganz eigenhändiges Notariatsinstrument von seiner Hand im Dörnbergischen Archiv (siehe Anm. 5).
  5. Notariatsinstrument mit Signet im Depositum von Dörnberg.
  6. Rechn. I, Marburg Kammerschreiber (4/6 Bel.). Wozu diese Summe diente, ist nicht bekannt. Sie bezeugt jedoch, daß Schrautenbach nicht erst damals seinen hessischen Dienst begonnen haben kann.
  7. Urkk., Bestallungen. – Kopiar 131 Nr. 56.
  8. Also keineswegs erst 1507 Dezember 17 (so Gundlach nach dem Mannbuch Landgraf Wilhelms II. bei der Belehnung Schrautenbachs unter diesem Datum (siehe Anm. 15).
  9. Rechn. I, Marburg Hofmeister (10/6 Bl. 14v.).
  10. Rechn. I, Oberrosbach (85/13 Bl. 6v.).
  11. Rechn. I, Marburg Kammerschreiber (5/10a). Diese Reise wurde gemäß Angabe in dieser Rechnung über das Bankhaus Fugger finanziert, denn nachdem Schrautenbach unter seinen Reisegeldern zunächst 100 fl. und 60 fl. vom hessischen Kammerschreiber erwähnt, führt er als 3. Posten auf: 800 ducaten hab ich entpfangen zu Rome uß der Fugkerbancke uf ein wechselbrief fur die 1122 gulden, die ich zu Nurinberg entpfing vom rathe und den Fugkern daselbst liebert. – Davon erstattete Balthasar nach seiner Rückkehr dem Kammerschreiber wieder 172 ½ fl. (Rechn. I, Marburg Hofmeister 10/11 Bl. 15v.). – 1498 Dezember 1 bestätigt Landgraf Wilhelm III. daß Schr. die ihm für Rom aufgetragenen Geschäfte getruelich, Jromlich und erbarlich ußgericht und erkennt die vorgelegte Reisekostenabrechnung an (Kopiar 15 Nr. 124).
  12. Vgl. Wilhelm Schmitt, Balthasar von Weitolshausen gen. Schrautenbach (in: Die Sonntagspost. Beilage zur Kasseler Post 47, 1929 Nr. 234, 241).
  13. Vgl. ebendort. – Im Februar 1509 wird ein Bote von Marburg nach Antwerpen, Brügge, Gent und Mecheln geschickt, der Schrautenbach Briefe überbringt (Rechn. I, Marburg 78/4 Bl. 101v.).
  14. Kopiar 20 Bl. 81.
  15. Glagau, Landtagsakten führt ihm im Register unter Eschbach. – 1518 August 16 belehnt Landgraf Philipp Schrautenbach mit den Lehen Heinrich Stumpfs von Asbach und wiederholt diese Belehnung 1521 Juni 11, obwohl zu vermuten sei, daß die Herzöge v. Sachsen während der Zeit der Vormundschaft Ludwig von Boyneburg eine Anwartschaft darauf erteilt hätten, die Landgraf Philipp jedoch als unzulässig und nicht bindend (ungeneme und unbundig) erklärt (Kopiar 22 fol. 104v.).
  16. Rechn. I, Ziegenhain (121/4 Bl. 49).
  17. Kopiar 59 II (Rezeßbuch Landgraf Wilhelms II. 1506–1508). Schr. wirkt an einer gerichtlichen Entscheidung der Kasseler Kanzlei mit.
  18. Rechn. I, Gießen (51/10 Bel.). Doch wird er im August und September 1509 auch wieder Rentmeister genannt (ebd.). Amtmann nennt ihn aber der Marschall von Hessen wie 1509 Juli 21 so auch November 11 (ebd.).
  19. Glagau, Landtagsakten S. 2, 42, 60 usw. Noch Lauze rühmt seinen „übertrefflichen“ (unübertrefflichen) Verstand (wie Anm. 1).
  20. Glagau, Landtagsakten S. 266.
  21. Rechn. I, Lichtenau (72/2 Bl. 16, 17). – Die Akten dieses Tages bei Glagau a.a.O. S. 48 ff.
  22. Ebd. S. 117.
  23. Ebd. S. 124 Anm. 2 (S. 125).
  24. Einmal notiert der Protokollant der Kasseler Landtagsverhandlungen von 1514 März von ihm, das er zu behend geredt, in die federn mit wol hat mogen bracht werden (ebd. S. 268).
  25. Ebd. S. 531. Man drohte ihm, Kurfürst Friedrich v. Sachsen (als Obervormund) wolle ihn wegen einer seiner Schriften an den Kaiser hängen lassen (ebd. S. 125 Anm), ja Landgraf Philipp beschuldigte die Ritterschaft, einen Pakt geschlossen zu haben, Schrautenbach vor seinen und seiner Mutter Augen in Stücke zu hauen (ebd. S. 526).
  26. Ebd. S. 242 ff.
  27. Ebd. Nr. 227a.
  28. S. Gundlach III S. 243. Es sollte ergänzt werden, daß der erste Marburger Theologieprofessor Lambert von Avignon ihm 1525 Februar 15 eine Schrift widmete, die Lamberts „Epistola ad Colonienses“ und „Paradoxa“ enthielt, wobei ihn Lambert als ersten Rat Landgraf Philipps bezeichnet (A. Huyskens, Die ersten Marburger Prädikanten in ZHG 38, 1904 S. 345).
  29. Rechn. I, Kassel Kammerschreiber (11/10 Bl. 40v.).
  30. Best. 257, Fragmenta actorum des Hofgerichts Bd. XV Nr. 33.
  31. Eckhardt, Oberhessische Klöster III Nr. 1417. Sie hatte Landgraf Heinrich III. 1478 von dem Fritzlarer Bürger Eckhard von Büren für 500 fl. gekauft und auf die Stadt Gießen angewiesen. Sie war noch 1572 nicht wieder eingelöst (ebd.).
  32. Gundlach zitiert das Mannbuch I Bl. 52. Daß Schrautenbach von Landgraf Philipp unter diesem Namen nobilitiert worden sei (so Glagau, Landgräfin Anna S. 167) kann nicht zutreffen, denn dieses Recht besaß Landgraf Philipp nicht. So auch Gundlach III S. 243 und Schenk zu Schweinsberg, Landgraf Philipp S. 88. Eine regelrechte Nobilitierung Schrautenbachs ist nicht nachweisbar; er könnte sie allerdings beim Besuch des kaiserlichen Hofes im Spätherbst 1514 erlangt haben (vgl. Anm. 29). Es scheint jedoch, daß das Adelsprädikat von ihm schrittweise usurpiert worden ist. Seine Abstammung aus einer bürgerlichen Familie ist nachgewiesen (vgl. Schenk zu Schweinsberg, Landgraf Philipp S. 88). Ursprünglich war Schrautenbach Inhaber eines hessischen Bürgerlehens (Kopiar 131b Bl. 58), was später gestrichen worden ist. Am Rande steht jedoch eine auffällige große Verweishand! 1514 Januar 10 erhält der kaiserliche Türhüter Jörg von Weitolzhausen kaiserliche Lehen in Oberkärnten. Noch im gleichen Jahr wird Balthasar Schrautenbach inmitten der hessischen Ritterschaft aufgeführt, die die Treysaer Einung der Landgräfin Anna mit den hessischen Ständen von 1514 Februar 10 annehmen. (Glagau, Landtagsakten S. 198 Anm.). – Als er Anfang 1518 seine Tochter Anna mit dem Alsfelder Patrizier Caspar Rotsmaul verheiratet, wird die Eheberedung von dem hessischen Erbmarschall Hermann Riedesel und dem Kanzler Johann Feige geschlossen (Urkk. v. Rotsmann) und Schrautenbach bittet dazu die Grafen Georg v. Königstein, Philipp v. Solms und Ludwig von Nassau um Wildpret (Gen.-Rep. Schrautenbach).
  33. Eckhardt, Oberhessische Klöster III Nr. 1402.
  34. Vgl. Gundlach III S. 243. Höchst bemerkenswert ist der Umschlag in ihrer Benennung von Hans, Balthasar, Tobias zu Artur, Hannibal, Hercules!
  35. Best. 2 Nr. 236. Sein Grabstein in Ziegenhain in „Hessische Heimat“ 13, 1963 Heft 1.
Citation
„Schrautenbach, Balthasar“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/103151303> (Stand: 15.4.2024)