Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Münchholzhausen

Gemeinde Wetzlar, Lahn-Dill-Kreis — Von Susanne Gerschlauer
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1519

Location

35581 Wetzlar, Stadtteil Münchholzhausen, Gießener Straße

Rabbinat

Marburg

preserved

nein

Jahr des Verlusts

ca. 1940

Gedenktafel vorhanden

nein

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Seit dem späten 13. Jahrhunderts waren die Grafen von Solms, später die Solms-Braunfelser Linie, die Ortsherren von Münchholzhausen. 1806 ging der Ort an das Herzogtum Nassau über, wurde aber schon 1815 Bestandteil der preußischen Rheinprovinz.

In der nahe gelegenen Reichsstadt Wetzlar waren bereits seit dem 12. Jahrhundert Juden ansässig. Möglicherweise gezwungen durch verschiedene Pogrome seit dem 14. Jahrhundert, zogen einige von ihnen in die umliegenden Dörfer, unter anderem auch nach Münchholzhausen. Eine frühe Erwähnung von in Münchholzhausen lebenden Juden stammt aus dem Jahr 1519.1 Seitdem lebten Juden im Ort. 1816 waren es 47. Im Jahr 1836 lebten 43 Juden in Münchholzhausen. Dies entsprach einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von mehr als 10 Prozent. 1905 waren neun jüdische Familien gemeldet. 1938 lebten dort noch 19 und zwei Jahre später 12 jüdische Mitbürger.2

Zur Synagogengemeinde Münchholzhausen zählten auch die in Dorlar lebenden Juden.3 Zu welcher Zeit sie gegründet wurde ist nicht bekannt. Durch die Ansiedlungspolitik von Schutzjuden durch die Grafen von Solms ergab sich vermutlich spätestens im 18. Jahrhundert zahlenmäßig die Voraussetzung zur Gründung einer eigenen Synagogengemeinde. Im 19. Jahrhundert unterstand sie der Bezirksgemeinde mit Sitz in Wetzlar. Aus dem späten 19., frühen 20. Jahrhundert ist der Besitz mindestens einer Thorarolle überliefert.4

Die Mehrheit der Münchholzhäuser Juden lebte im 19. und frühen 20. Jahrhundert als Händler (Kolonialwaren, Vieh). Einige besaßen eine kleine Landwirtschaft. Es gab einen Metzger und einen Maurer.5

Möglicherweise hatte sich die Synagogengemeinde bereits zu Beginn der 1930er Jahre aufgelöst, denn sie war um 1933 in die jüdische Gemeinde Wetzlar eingegliedert.6

Bis 1940 emigrierten von den noch in Münchholzhausen lebenden Juden sieben ins Ausland (Nordamerika, Australien). Die letzten 12 Verbliebenen verhaftete die Polizei im September 1942. Sie wurden in Konzentrationslager deportiert und dort ermordet.7

Betsaal / Synagoge

Vor der Nutzung eines Synagogengebäudes bestand vermutlich innerhalb eines Privathauses ein Gottesdienstraum; Lage und Eigentümer sind jedoch nicht bekannt.

1887 hatte die jüdische Gemeinde eine Fachwerkscheune gekauft und sie zur Synagoge umbauen lassen. Das Gebäude stand in der Gießener Straße, nordwestlich des ehemaligen Ortskerns von Münchholzhausen. Nach Berichten war der Fußboden mit Sandsteinen ausgelegt und die Wände weiß gekalkt; als Sitzgelegenheiten dienten sowohl Bänke als auch Stühle.8 Die Synagoge war nach der Pogromnacht im November 1938 noch als Gebäude erhalten. Über wahrscheinlich vorgekommene Zerstörungen des Inneren bzw. am Gebäude ist bisher nichts bekannt. Bis zum Abriss, noch vor dem Jahr 1942, diente die Ruine als Spielplatz für die Dorfkinder.9

Weitere Einrichtungen

Cemetery

Seit um 1840 gab es über einige Jahre hinweg Streit zwischen der jüdischen und der politischen Gemeinde Münchholzhausen wegen Nutzungs- und Erweiterungsbedingungen des Friedhofes.10

Der Friedhof liegt in der Herrenwiese, westlich der Rechtenbacher Straße.

Münchholzhausen, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Indices

Persons

Solms, Grafen von · Solms-Braunfels, Grafen von

Places

Wetzlar · Dorlar · Nordamerika · Australien

Sachbegriffe Geschichte

Nassau, Herzogtum · Rheinprovinz · Schutzjuden

Sachbegriffe Ausstattung

Thorarollen

Sachbegriffe Architektur

Fachwerkscheunen · Sandstein

Fußnoten
  1. Grumbach, Münchholzhäuser Juden, S. 6
  2. Grumbach, Münchholzhäuser Juden, S. 6 f.; Arnsberg, Jüdische Gemeinden 2, S. 367
  3. Grumbach, Münchholzhäuser Juden, S. 20
  4. Grumbach, Münchholzhäuser Juden, S. 20; Arnsberg, Jüdische Gemeinden 2, S. 369
  5. Grumbach, Münchholzhäuser Juden, S. 1–19
  6. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 2, S. 365
  7. Grumbach, Münchholzhäuser Juden, S. 1–19
  8. Grumbach, Münchholzhäuser Juden, S. 20
  9. Grumbach, Münchholzhäuser Juden, S. 20
  10. HHStAW 424, 785
Recommended Citation
„Münchholzhausen (Lahn-Dill-Kreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/155> (Stand: 26.4.2022)