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Georg-Büchner-Preis an Heinz Piontek, 22. Oktober 1976

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung verleiht im Staatstheater Darmstadt anlässlich der jährlichen Herbsttagung den Georg-Büchner-Preis an den Schriftsteller Heinz Piontek (1925–2003).1 Der Urkundentext bezeichnet Piontek als „einen Lyriker, der Farbe, Melos und Kontur zu vereinen weiß; einem Essayisten, der sich dem dichten und zugleich schwingenden Satz hingibt; einem Erzähler, der Zeit, Umwelt und Schicksal hereinzieht, ohne sich ihnen anders als in persönlich gefärbter Sprache und Gestalt zu unterwerfen“2, der nun für seine schriftstellerische Leistung mit dem Büchner-Preis und einem Preisgeld in Höhe von 10.000 DM ausgezeichnet wird.

Piontek ist vor allem für seine Naturlyrik bekannt, Landschaften und Naturbilder zeichnen „Stimmungsbilder“ in seinen Gedichten. In seiner Lobrede auf den Preisträger versucht der Schriftsteller Eberhard Horst (1924–2012), die Texte Heinz Pionteks zu charakterisieren: „In sechs Gedichtbänden, zusammengefaßt und ergänzt in den ‚Gesammelten Gedichten‘ des Jahres 1975, vollzieht sich beispielhaft ein Prozeß der Weltaneignung, der von den melodischen frühen Versen bis zur nüchtern-poetischen, scharf reflektierten Befragung der eigenen Existenz und Zeitgenossenschaft führt. In den letzten Gedichtbänden ‚Klartext‘ und ‚Tot oder lebendig‘ tritt die Landschaft zurück zugunsten unmittelbar evozierter menschlicher Grunderfahrungen. Das lyrische Element verblaßt keineswegs, sondern gewinnt an suggestiver Leuchtkraft. Es sind kunstvolle, schlanke, elastische Verse, reduziert auf poetische Genauigkeit“ und schließt diese mit den Worten: „Heinz Piontek, der sein Schreiben, der sich selbst rückhaltlos dem ‚Menschenmöglichen der Dichtung‘ widmet, ist unserer Ehrung, ist des Preises der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung würdig.3

Die Deutsche Akademie für Sprache und Forschung und vor allem die Büchner-Preis-Verleihung standen in den letzten Jahren oft in der Kritik der öffentlichen Medien. Auch in diesem Jahr veröffentlicht die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen kritischen Bericht zur Herbsttagung der Akademie, und prangert an, sie habe „sich in den letzten Jahren zunehmend gescheut, junge oder wirklich umstrittene oder auch nur nicht arrivierte Autoren zu küren“.4 Das vernichtende Urteil der Tageszeitung zur angestaubten, wenig innovativen Akademie lautet: „Diese Herbsttagung zeigte die Akademie konsequent auf jenem Weg, den sie seit einiger Zeit – unbeeindruckt von Kritik – einzuschlagen offenbar gewillt ist: den in die Provinzialität.5

Der Georg-Büchner-Preis wurde 1921 vom Volksstaat Hessen und der Stadt Darmstadt gestiftet, um Dichter*innen, Künstler*innen, Schauspieler*innen und Sänger*innen aus Hessen auszuzeichnen. Seit 1953 fungiert der Stiftungspreis als Literaturpreis, der durch die in Darmstadt ansässige Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung vergeben wird. Anlässlich der diesjährigen Preisverleihung beantragt die Stadt Darmstadt, das Preisgeld ab dem nächsten Jahr zu verdoppeln. Eine Bestätigung durch die Landesregierung Hessen, die den Büchner-Preis zur Hälfte finanziert, steht jedoch noch aus.6
(NT)


  1. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.10.1976, S. 23: Akademietagung.
  2. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Auszeichnungen: Georg-Büchner Preis: Heinz Piontek: Urkundentext.
  3. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Auszeichnungen: Georg-Büchner Preis: Heinz Piontek: Laudatio.
  4. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.10.1976, S. 19: Unbeeindruckt.
  5. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.10.1976, S. 19: Unbeeindruckt.
  6. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.8.1976, S. 25: Büchnerpreis aufs Doppelte.
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Georg-Büchner-Preis an Heinz Piontek, 22. Oktober 1976“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/5547> (Stand: 22.10.2022)
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