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Walter Dirks lehnt Goetheplakette der Stadt Frankfurt ab, 25. April 1983

Der Publizist Walter Dirks (1901–1991) lehnt die ihm von der Stadt Frankfurt am Main zuerkannte Goethe-Plakette wegen der 1982 erfolgten Verleihung des Goethe-Preises an den umstrittenen Schriftsteller Ernst Jünger (1895–1998) ab.

„Irritiert und betrübt“

In einem Schreiben an Frankfurts Oberbürgermeister Walter Wallmann (1932–2013; CDU) bittet Dirks darum, von der Verleihung der Goethe-Plakette an ihn abzusehen. Dirks, nach Kriegsende einer der Mitbegründer der CDU und gemeinsam mit Eugen Kogon (1903–1987) Herausgeber der „Frankfurter Hefte“, begründet seine Ablehnung der Auszeichnung zum einen mit dem Wunsch „kein Aufsehen um seine Person“ zu erregen. Daneben sei er jedoch „irritiert und betrübt“, dass die Stadt Frankfurt im letzten Jahr den Goethe-Preis auch an Jünger verliehen habe, dessen Werke vielfach als Kriegsverherrlichung und eine „Ästhetisierung des Krieges“ wahrgenommen worden sind.1

Wallmann rechtfertigt die Verleihung an Jünger

Frankfurts Oberbürgermeister Walter Wallmann weist in seiner Antwort auf das Schreiben auf den Unterschied zwischen Goethe-Preis und Goethe-Plakette hin: Der mit 50.000 DM dotierte Goethe-Preis wird alle drei Jahre an eine Persönlichkeit vergeben, „die mit ihrem Schaffen bereits zur Geltung gelangt und deren schöpferisches Wirken einer dem Andenken Goethes gewidmeten Ehrung würdig ist“. Die Goethe-Plakette hingegen sei eine Auszeichnung für „Persönlichkeiten des kulturellen Lebens […], die durch ihr schöpferisches Wirken einer dem Andenken Goethes gewidmeten Ehrung würdig sind“. Dabei dient die Plakette der Anerkennung kultureller, wissenschaftlicher oder publizistischer Verdienste. Wallmann erläutert in seiner Antwort an den in Wittnau bei Freiburg lebenden Walter Dirks die Gründe für die Verleihung des Goethe-Preises an Ernst Jünger, bittet Dirks aber zugleich, die Ablehnung der Plakette noch einmal zu überdenken.

Dirks bleibt bei Verzicht

Mit einem weiteren Schreiben bedankt sich Dirks am 3. Mai 1983 für den „respektablen Versuch“ Wallmanns, ihn umzustimmen, bleibt aber bei seinem Wunsch, die für ihn vorgesehenen Ehrung nicht anzunehmen. Dabei nimmt er nochmals Bezug auf die Verleihung des Goethe-Preises an Ernst Jünger, den er zum Kreis einflussreicher neokonservativer und nationalrevolutionärer Kräfte der Republik von Weimar und damit „zu den gefährlichsten Wegbereitern des Faschismus“ zählt, die durch den Rang ihrer Sprache auf junge Intellektuelle der damaligen Zeit Eindruck gemacht hätten. In Zusammenhang mit der Verleihung des Goethepreises an Ernst Jünger war es in Frankfurt Mitte 1982 zu heftigen politischen Auseinandersetzungen gekommen.2
(KU)


  1. Bekanntheit erlangte Ernst Jünger vor allem als Autor seines 1920 erschienenen Kriegstagebuchs „In Stahlgewittern“, in welchem er eigene Erlebnisse an der deutschen Westfront im Ersten Weltkrieg zwischen Januar 1915 und August 1918 schildert. Das Buch beschreibt eindringlich die Grausamkeit des Krieges, distanziert sich jedoch nicht reflektierend vom Kriegsgeschehen, sondern fasst das Morden als schicksalhafte Realität auf, der die Soldaten vergleichbar einer Naturgewalt ausgeliefert sind.
  2. Vgl. DER SPIEGEL 33/1982, 16.8.1982, S. 156: „Nichts gelesen“: Der Frankfurter Krach um den Goethepreis-Kandidaten Ernst Jünger (eingesehen am 25.4.2017).
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Walter Dirks lehnt Goetheplakette der Stadt Frankfurt ab, 25. April 1983“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1472> (Stand: 26.11.2022)
Ereignisse im März 1983 | April 1983 | Mai 1983
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