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Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Eugen Kogon und Thomas Michael Mayer erhalten den erstmalig verliehenen Hessischen Kulturpreis, 4. Januar 1982

Das Land Hessen verleiht den erstmalig den im Juni 1981 gestifteten Hessischen Kulturpreis, mit dem jährlich besondere „Leistungen zur Förderung von Kunst und Wissenschaft“ ausgezeichnet werden sollen. Hauptpreisträger ist der Politikwissenschaftler und Publizist Eugen Kogon (1903–1987).
Kogon, von 1951 bis 1960 ordentlicher Professor für wissenschaftliche Politik an der Technischen Hochschule in Darmstadt, erhält ein Preisgeld von 50.000 DM der mit insgesamt 60.000 DM dotierten Auszeichnung; ein zusätzlich verliehener Förderpreis in Höhe von 10.000 DM geht an den Marburger Germanisten und Vorsitzenden der Georg-Büchner-Gesellschaft, Dr. Thomas Michael Mayer (1946–2010).

Das Biebricher Schloss und der 4. Januar als Ort und Datum der Preisverleihung

In seiner Laudatio knüpft der hessische Ministerpräsident Holger Börner (1931–2006) beziehungsreich Verweise auf den gewählten Ort und das gewählte Datum der Preisverleihung. So sei das Biebricher Schloss in Wiesbaden mit dem Namen Goethes verknüpft, der 1814 dort seinen 65. Geburtstag gefeiert hatte. Den am 4. Januar 1785 in Hanau geborenen Jacob Grimm, zu dem Börner einen weiteren Bogen schlägt, bezeichnet er „als einen ‚heimatbewußten Sohn unseres Hessenlandes‘“ und zitiert einen Text, in dem Grimm über seine Entlassung aus dem Professorenverhältnis wegen Zugehörigkeit zu den „Göttinger Sieben“1 berichtet: „Ich bin von unbemittelten, aber braven, mir früh entrissenen Eltern in Hessen geboren und fühle mich noch heftig allen Eigenheiten meiner Heimat zugewandt, selbst von ihren Mängeln und Gebrechen berührt. Sie gewöhnten mir von Kindesbeinen an, diese durch glänzende Mittel wenig hervorstechende, durch angestammte Tüchtigkeit und Genügsamkeit ausgezeichnete Landschaft nur als einen wesentlichen Bestandteil des deutschen Vaterlandes anzusehen, dessen Ruhm und Größe auch sie bestrahlen, und was sie ihm zum Opfer darbringen könnte, liebend empfangen müsste.“

Der Preis als Instrument hessischer Identitätsstiftung

Der Hessische Kulturpreis soll nach den Worten Börners einen „Bezug zu unserem Hessenland herstellen“ und hilfreich „zur Bewusstseinsbildung und Identitätssuche in unserer hessischen Heimat“ beitragen. Dabei seien die Forderungen der Bundesländer nach mehr historischer, kultureller und politischer Eigenständigkeit nicht als „föderalistische Machtproben“ zu verstehen, sondern als Entsprechung des „neu erwachten Wunsch[es] der Bürger nach regionalen Identifikationsmöglichkeiten“.

Kogon als Personifizierung des Leitgedankens „Typisch hessische Kultur ist vor allem politische Kultur“

Überleitend argumentiert Börner schließlich, das „typisch hessische Kultur […] vor allem politische Kultur“ sei, und in diesem Sinne die beiden Preisträger geehrt würden – Kogon als Autor des Buches „Der SS-Staat“ (Börner nennt ihn einen „kämpferischen Demokraten und politischen Publizisten“) und Mayer als ein Germanist, der in detektivischer Arbeit ein „realistisches Bild des politischen Menschen Georg Büchner“, eines „revolutionären Sozialisten“, gezeichnet habe. Eugen Kogon habe „entscheidend beim Aufbau des demokratischen Hessen mitgeholfen“.2
Das Stiftungs-Kuratorium der durch das Land Hessen verliehenen Auszeichnung setzt bei der Auswahl preiswürdiger Personen ausdrücklich auf einen weit gefassten Kulturbegriff. Damit soll das bereits durch die Verleihung des „Georg-Büchner-Preises“ und der „Marburger Förderpreise für Literatur“ (an beiden Preisen ist das Land bereits beteiligt) abgedeckte Spektrum von Kulturschaffenden wesentlich erweitert werden. Mit dem Hessischen Kulturpreis wird demnach das Ziel verfolgt, auch herausragenden Persönlichkeiten aus dem Bereich der Bildenden Künste, der Musik, des Films und der Wissenschaft besondere Anerkennung zukommen zu lassen.
(KU)


  1. Die als Göttinger Sieben bezeichnete Gruppe Göttinger Professoren hatte 1837 gegen die Aufhebung der Verfassung im Königreich Hannover protestiert, woraufhin sie entlassen und zum Teil des Landes verwiesen wurden.
  2. Alle Zitate nach: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.1.1982, S. 25: Hessen hat ein neues Symbol: Die erste Verleihung des Hessischen Kulturpreises im Biebricher Schloß.
Belege
Weiterführende Informationen
Hebis-Klassifikation
732250, Kulturpreis
Hebis-Schlagwort
Hessen <politischer Raum> ; Hessen / Kulturpreis
Empfohlene Zitierweise
„Eugen Kogon und Thomas Michael Mayer erhalten den erstmalig verliehenen Hessischen Kulturpreis, 4. Januar 1982“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1455> (Stand: 4.1.2022)
Ereignisse im Dezember 1981 | Januar 1982 | Februar 1982
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