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Bericht über die „nachteilige Einflußnahme der katholischen Seelsorge auf die Gesamtstimmung“, 22. August 1940

In seinen geheimen Meldungen aus dem Reich behandelt der Sicherheitsdienst der SS erneut die nachteilige Einflußnahme der katholischen Seelsorge auf die Gesamtstimmung. Es sei festzustellen, dass in Predigten, Äußerungen und konfessionellen Zeitungen und Zeitschriften von katholischer Seite bestimmte inhaltsgleiche Parolen und Losungen immer wieder auftauchten. Die konfessionelle Propaganda bediene sich während des Krieges zum Beispiel gern der geschichtlichen Vorbilder für den Untergang eines Reiches, denen die Beständigkeit des Christentums und die Unbesiegbarkeit der katholischen Kirche gegenübergestellt werde. Nach wie vor werde in vielen Predigten (unter anderem in Frankfurt am Main) auf die angebliche „Christenverfolgung“ und das Vordringen eines antichristlichen Geistes in Deutschland hingewiesen. Mehrfach sei von der Kanzel der Krieg auch der „als Strafe Gottes“ dargestellt worden. So habe ein Geistlicher in Frankfurt am Main gepredigt, daß der Krieg lediglich die Außenseite und Folge der Sünde sei, weil der Mensch den ihm unter allen Geschöpfen allein von Gott zugesprochenen freien Willen mißbraucht habe.

Mit dem siegreichen Verlauf des Krieges im Westen mehrten sich aber auch die positiven Äußerungen. In Frankfurt habe beispielsweise ein Geistlicher den ganzen Winter über im Unterton seiner Predigten den Gedanken vertreten, der Krieg sei das unabwendbar gekommene Strafgericht Gottes. Jetzt, da die großen Taten des deutschen Heeres alle Herzen begeisterten, stellten sie das deutsche Volk als das auserwählte Schoßkind der göttlichen Gnade hin. Insgesamt setzten angesichts der Erkenntnis, dass Deutschland den Krieg gewinne, in katholischen Kreisen die Bemühungen ein, die positive Stellung des Katholizismus zum Staate zu dokumentieren, den Willen zur Mitarbeit zu zeigen und dem Führer Dank zu zollen. Ein Jesuitenpater habe etwa in der St. Ignatiuskirche in Frankfurt geäußert: Wir stehen vor den Neuordnung Europas, ja der Welt, und diese Neuordnung wird von keinem anderen Volke gestaltet als vom deutschen. Daß Deutschland der Führer der kommenden Ordnung sein wird, daran kann heute niemand mehr zweifeln, aber wir müssen hoffen, daß dieser Bau auf sicherem Fundament aufgebaut wird, nämlich auf Gott. Der Turmbau zu Babel stürzte zusammen, weil er gegen Gott gebaut wurde.
(OV)

Belege
Empfohlene Zitierweise
„Bericht über die „nachteilige Einflußnahme der katholischen Seelsorge auf die Gesamtstimmung“, 22. August 1940“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4804> (Stand: 20.6.2020)
Ereignisse im Juli 1940 | August 1940 | September 1940
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