Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Bannerweihe des Jungdeutschen Ordens in Marburg unter Beteiligung der SA, 23. Juli 1923

Die Ballei Marburg des Jungdeutschen Ordens veranstaltet in der Universitätsstadt eine feierliche Bannerweihe. Im Anschluss an einen Festzug steuert die Ordensfeier bei einem anschließenden Gottesdienst ihrem Höhepunkt, der eigentlichen Weihe, entgegen. Unter den an Festzug, Versammlung und Weihe beteiligten Personen befinden sich auch mehrere Dutzend Männer der örtlichen SA-Formation. Ein Bericht der in München erscheinenden „Einwohnerwehr“-Zeitschrift „Heimatland“ vom 11. August 1923 (Nr. 23) beschreibt die Zeremonie in folgenden Worten:
„Nach einigen Liedern [erfolgte] ... eine sprühende Rede des Komturs Gramsch der Ballei Marburg. Hernach fand die Weihe von zwei neuen Ordensbannern statt, worauf 'Ich hab mich ergeben' gesungen wurde. Dann folgte nach einem Gelöbnis der Führer von seiten der Ordensbrüder der Rütli-Schwur mit erhobenen Fingern. Den Schluß bildete: ‚Der Gott, der Eisen wachsen ließ‘ ...“ Die Anwesenheit der Marburger SA-Formation, die sich aufgrund des bestehenden Parteiverbotes und angesichts der geringen Mitgliederstärke (wie andere hessische SA-Verbände) 1923 und 1924 öffentlich nur als Teilnehmer bei Veranstaltungen befreundeter Verbände zeigt, wird in dem Bericht ausdrücklich hervorgehoben: „Im Festzug fiel ein Zug Ordensbrüder in anscheinend österreichischer Marineuniform auf. Noch mehr aber wurde bemerkt die halbe Hundertschaft einer völkischen Freiheitsvereinigung, die zum Teil in Sturmkappen, Wehr-Kleidung und roten Armbinden mit Hakenkreuzen versehen unter Vorantragen von vier wehenden Hakenkreuzfahnen in tadelloser Ordnung marschierten“ und sich schließlich nach Veranstaltungsende „mit lauten Heilrufen“ verabschiedeten.¹
(KU)

1. Zitiert nach Schön, Eberhart: Die Entstehung des Nationalsozialismus in Hessen (Mannheimer sozialwissenschaftliche Studien 7), Meisenheim am Glan 1972, S. 47 f. ↑