Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Streikbewegung erfasst Rüstungsbetriebe in Kassel, 30. Januar 1918

Die Streikbewegung für die Beendigung des Krieges erfasst die Rüstungsbetriebe in Kassel. Die „Kasseler Neuesten Nachrichten“ berichten erst nach Ende des Arbeitskampfes von den Vorgängen:

Am Mittwoch mittag [30. Januar] und im Laufe des Nachmittags legten die Arbeiter der optischen Werke Hahn in Ihringshausen und Schütz in Kassel die Arbeit nieder. Ihnen folgten Teile der Henschelwerke und mehrerer anderer Fabriken. Nach den Feststellungen der Streikleitung betrug die Zahl der Ausständigen 12000, eine Zahl, die von anderer Seite auf 8 bis 9000 angegeben wird. Gestern vormittag [1. Februar] begaben sich die Streikenden nach dem Garten des „Stadtpark“, wo eine große Versammlung stattfand, an der außerordentlich viel der Streikenden (nach Schätzung der Veranstalter 10500, nach anderer Schätzung 4 bis 5000 Arbeiter und Arbeiterinnen) teilnahmen. Hier erläuterte Redakteur Hauschildt unter der Zustimmung der Menge die bekannten Berliner Forderungen und Schang (Unabhäng. Soz.) schloß sich ihm vollinhaltlich an. Gewerkschaftssekretär Grzezinski, der die Versammlung leitete, betonte den nach der Ueberzeugung der Streikenden durchaus gesetzlichen Charakter der Versammlung und ermahnte die Arbeiter fernerhin, die größte Ordnung zu halten, damit, wie er ausführte, der Eindruck der gewaltigen Demonstration in keiner Weise eine Einbuße erleide. Er forderte ebenso wie Hauschildt auf, die Arbeit schon mittags wieder aufzunehmen, aber die Versammlung beschloß einstimmig, gemäß der Stellungnahme der Vertrauensleute, die Arbeit am Freitag früh geschlossen wieder aufzunehmen.¹
(OV)

1. Kasseler Neueste Nachrichten, Nr. 52, 2.2.1918: Das Ende des Streiks, Online-Ausgabe: Der Erste Weltkrieg im Spiegel hessischer Regionalzeitungen. ↑