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Verhängnisvoller Bombenangriff auf die Staumauer der Edertalsperre, 17. Mai 1943

Ein gezielter Bombenangriff auf die Staumauer der Edertalsperre löst eine vernichtende Flutwelle aus. Die kurz vor 2:00 Uhr nachts erfolgende Attacke wird von Flugzeugen der No. 617 Squadron („Dam Busters“) der britischen Royal Air Force ausgeführt. Der Angriff steht unter dem Kommando von Wing Commander Guy Gibson (1918–1944). Dabei wird die Staumauer stark beschädigt.

Katastrophale Überschwemmungen durch eine Flutwelle

Infolge der Explosion einer Bombe bricht eine halbkreisförmige Öffnung in die Mauer, die etwa 22 m hoch und an der Mauerkrone 70 m lang ist. Durch sie strömen während der kommenden Stunden insgesamt rund 160 Millionen Kubikmeter Wasser aus (im Schnitt 8.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde), etwa 80 Prozent des gesamten Speicherraums des Stausees. Die Wassermassen ergießen sich daraufhin als eine sechs bis acht Meter hohe Flutwelle durch das untere Edertal und durch das Fuldatal vobei an den Wesersteinen bei Hannoversch Münden ins Wesertal. Die Siedlungen in den Tälern um die Schwalm-Eder- und Eder-Fulda-Mündung werden überflutet und versinken teils in Seen, die sich an manchen Stellen mehrere Kilometer breit ausdehnen. Überflutet wird auch die mehr als 30 Kilometer von der Edersee-Staumauer entfernte Flussniederung der Fulda im Kasseler Becken. Dort erreicht das Hochwasser die an der Fulda gelegenen Kasseler Stadtteile Bettenhausen, Unterneustadt und die Karlsaue. Seinen Höchststand erreicht die Flut dort am Nachmittag gegen 15:00 Uhr. Die katastrophale Überschwemmung durch die Flutwelle, die hunderte Häuser, aber auch Fabriken, Straßen, Brücken und Streckenabschnitte der Eisenbahn stark beschädigt oder zerstört, fordert zahlreiche Todesopfer in den unterhalb der Sperrmauer gelegenen Ortschaften Hemfurth, Affoldern, Mehlen und Giflitz.

Zerstörung der Edertalsperrmauer durch ausgeklügelte Technik

Der Luftangriff auf die Edertalsperre ist Teil einer als Operation Chastise („Züchtigung“) bezeichneten Aktion der britischen Luftwaffe, die das Ziel hat, die Staumauern von insgesamt sechs Talsperren im Deutschen Reich zu zerstören. Daran beteiligt sind 19 umgebauten Bombenflugzeuge vom Typ „Lancaster“ der 617. Staffel, die speziell für die Angriffe auf die Staumauern entwickelte Rollbomben, die im nächtlichen Tiefflug von den Flugzeugen abgeworfen werden. Diese Bomben werden vor dem Abwurf in Rotation versetzt (500 Umdrehungen pro Minute), sodass sie beim Auftreffen auf der Wasseroberfläche zunächst nicht versinken, sondern mehrmals hintereinander abprallen und ähnlich wie beim Werfen von flachen Steinen im flachen Winkel übers Wasser ihren Weg „hüpfend“ zurücklegen. Die etwa 1,50 m langen und über vier Tonnen schweren Sprengkörper überspringen auf diese Weise die vor der Staumauer befindlichen Torpedo-Abwehrnetze, sinken unmittelbar vor der Staumauer ab und detonierten mit Hilfe eines druckempfindlichen Zünders in etwa 10 Meter Tiefe.

Von den ursprünglich sechs zur Zerstörung angesetzten Talsperren erhält außer der Edertalsperre auch die Staumauer am Möhnesee (wenige Kilometer südlich von Soest) in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai kurz vor 1:00 Uhr einen verhängnisvollen Bombentreffer, in dessen Folge eine Flutwelle die Täler von Möhne und Ruhr verwüstet.
(KU)

Belege
Weiterführende Informationen
Hebis-Schlagwort
Edersee; Talsperre / Geschichte Edertalsperre
Empfohlene Zitierweise
„Verhängnisvoller Bombenangriff auf die Staumauer der Edertalsperre, 17. Mai 1943“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/858> (Stand: 17.5.2022)
Ereignisse im April 1943 | Mai 1943 | Juni 1943
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