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Joschka Fischer als Minister für Umwelt und Energie vereidigt, 12. Dezember 1985

Der Grünen-Abgeordnete Joseph („Joschka“) Fischer (geb. 1948) wird von Ministerpräsident Holger Börner (1931–2006; SPD) zum neuen Staatsminister für Umwelt und Energie vereidigt. Zuvor hatte sich die SPD mit der Umweltpartei auf die Bildung einer gemeinsamen Regierungskoalition verständigt. Es ist bundesweit das erste rot-grüne Bündnis auf Landesebene. Fischer sorgt bei seiner Vereidigung (als erster Politiker der GRÜNEN, der in Deutschland ein Ministeramt erhält) durch seine Garderobe für einiges Aufsehen: in (eigens für diesen Anlass gekauften) Turnschuhen und im groben Tweed-Sakko wird der rebellische Auftritt legendär und verfestigt sich über Jahrzehnte hinweg im öffentlichen Bewusstsein.

Erste Gratulanten nach vollzogener Vereidigung sind der zum Sozialminister zurück-„degradierte“ Armin Clauss (geb. 1938; SPD) und der hessische Staatsminister für Wirtschaft und Technik, Ulrich Steger (geb. 1943; SPD).

Wenig erbaut reagieren die Mandatsträger der CDU- und der FDP-Fraktion auf die Weihnachtssterne in Blumentöpfen, die von Abgeordneten der GRÜNEN dorthin gestellt worden waren: schnell verschwindet in respektloser Konsequenz der freundlich gemeinte Weihnachtsschmuck von den Bänken. Ein für Fischer in vermutlich mühevoller Handarbeit gefertigtes Antrittsgeschenk der Freien Demokraten wird dagegen vom Adressaten ebenfalls geflissentlich ignoriert: ein aus Dachlatten zusammen gezimmerter Stuhl „aus ungehobeltem und ungeschliffenem Holz“, so, wie es nach den Worten der FDP-Abgeordneten Ruth Wagner (geb. 1940), zu Fischer passe. Landtagspräsident Erwin Lang (1924–2020; SPD) lässt das Präsent nach kurzer Inaugenscheinnahme entfernen.

Als der frisch gebackene Minister schließlich den Plenarsaal verlässt, stellt er sich dem überwältigenden Ansturm der Pressevertreter: Fischer kündigt an, als eine seiner ersten Amtshandlungen die Kontaminierung von Mitarbeitern der Hessischen Landesanstalt für Umwelt in Hanau untersuchen zu lassen. Bereits am Abend des folgenden Tages ist Joschka Fischer – nicht als Minister, sondern als Privatperson – Teilnehmer an einer Demonstration gegen die geplante Errichtung der Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) für abgebrannte Brennstäbe aus Kernreaktoren in Wackersdorf in der Oberpfalz.
(KU)

Belege
Empfohlene Zitierweise
„Joschka Fischer als Minister für Umwelt und Energie vereidigt, 12. Dezember 1985“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1513> (Stand: 12.12.2021)
Ereignisse im November 1985 | Dezember 1985 | Januar 1986
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