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Sympathiekundgebung für die südafrikanischen Buren in Darmstadt, 19. Januar 1901

Im Orpheum in Darmstadt1 findet eine große Sympathie-Kundgebung für den Widerstand der Buren gegen die Kolonialmacht Großbritannien im südlichen Afrika statt. Die Solidarität mit den um ihre Unabhängigkeit kämpfenden Buren, die in Presse und Öffentlichkeit in ganz Deutschland Unterstützer findet („Bureneuphorie“), ist unter anderem durch die ethnische Verbindungen zu den (eigentlich mehrheitlich von Einwanderern aus Holland abstammenden) Buren zu erklären. Gleichzeitig verbindet sich die Unterstützung für die Buren mit einer betont anglophoben Stimmung. Die deutsche Reichsleitung ist wiederholt zur Rechtfertigung ihrer strikten Neutralitätspolitik gezwungen, zumal deutsche Freiwilligenverbände an der Seite der Truppen der ZAR gegen die Briten ins Feld ziehen.

Die Auseinandersetzung zwischen Großbritannien und den Burenrepubliken Oranje-Freistaat und Südafrikanische Republik (Transvaal), die sich hauptsächlich am britischen Interesse an den reichen Bodenschätzen der Region und an der Überfremdung der beiden Burenrepubliken und einer daraus resultierenden ausländerfeindlichen Politik der Buren entzündete, war im Oktober 1899 in einen bewaffneten Konflikt gemündet. In diesem sogenannten Zweiten Burenkrieg2 behielten 1899 zunächst die Buren die Oberhand, doch wendete sich das Kriegsglück im darauffolgenden Jahr zugunsten der Briten, die am 5. Juni die Hauptstadt Transvaals, Pretoria, eroberten. Mit diesem militärischen Erfolg der Großmacht endete der gewaltsame Konflikt jedoch nicht. Die aufständischen Buren verlagerten ihre Taktik auf eine Guerilla-Kriegsführung, was von den Briten mit einer fatalen „Verbrannte Erde“-Strategie beantwortet wurde, bei der die britischen Truppen alle Farmen in den Guerilla-Gebieten niederbrannten und 120.000 Farmbewohner, darunter vor allem Frauen und Kinder, unter teils unmenschlichen Bedingungen in Konzentrationslagern (Concentration Camps) internierten.

Der Burenkrieg endet schließlich am 31. Mai 1902 mit dem Friedensschluss von Vereeniging, der zur Eingliederung der beiden Burenrepubliken in das britische Empire führt, den Besiegten aber gleichzeitig großzügige Friedensbedingungen gewährt. Die Buren erhalten das unbeschränkte britische Staatsbürgerrecht, und das während des 17. Jahrhundert aus dem Neuniederländischen abgeleitete Afrikaans wird als Amtssprache anerkannt.
(KU)


  1. Das im Nordosten Darmstadts gelegene Orpheum wurde 1877 auf Veranlassung von Großherzog Ludwig IV. als eine überdachte Rollschuhbahn für seine Frau Alice errichtet. 1895 wurde die Bahn von der Familie Finn erworben, die das Gebäude unter dem Namen „Orpheum“ in ein Varieté umgewandelt. Das Orpheum wird daraufhin viele Jahre lang für verschiedene gesellschaftliche Veranstaltungen genutzt. In der Nacht vom 25. auf den 26. August 1944 fällt der Bau einem Fliegerangriff zum Opfer.
  2. Ein erster Krieg des Burenrepublik Transvaal (ab 1856: Südafrikanische Republik oder niederländisch Zuid-Afrikaansche Republiek ZAR) gegen die britische Kolonialmacht fand von Dezember 1880 bis März 1881 statt. Großbritannien hatte die vorher unabhängige Republik 1877 annektiert, was zum wachsenden Widerstand der Buren führte und schließlich in einem Waffengang gipfelte, der der ZAR erneut faktisch die Unabhängigkeit (Selbstverwaltung) unter weiterhin bestehender formeller britischer Oberherrschaft brachte.
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Sympathiekundgebung für die südafrikanischen Buren in Darmstadt, 19. Januar 1901“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/261> (Stand: 26.11.2022)
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